Kommentar zu Canisius-Kolleg: Endlich redet die Kirche

Dass der Schulleiter an die Öffentlichkeit geht ist lobenswert. Offen bleibt, warum die Kirche solange geschwiegen hat.

Ein Schulleiter entschuldigt sich bei ehemaligen Schülern für jahrelangen sexuellen Missbrauch. Dann gibt er zwei Pressekonferenzen. Nennt die Namen der Täter und spricht von schonungsloser Aufklärung.

Über das Kommunikationsverhalten von Pater Klaus Mertes, den Leiter der Canisius-Schule in Tiergarten, kann man sich gar nicht genug wundern. Schließlich handelt es sich bei ihm und seinem Kollegium um Mitglieder der katholischen Kirche. Und die kannte bisher nur eine Art, mit dem Thema Missbrauch umzugehen: Ignorieren, Vertuschen und nur zugeben, was partout nicht mehr zu leugnen ist. Selbst dann sind es immer "Einzelfälle". Dass ein Jesuitenpater sich nun mit Rückendeckung seines Bistums in die Offensive wagt und nach grundsätzlichen Veränderungen in der Kirche ruft, ist neu. Hat die Kirche aus den immer wieder auftauchenden Missbrauchsvorwürfen gegen Priester gelernt?

Dafür spricht im Fall Canisius einiges: Der Schulleiter scheint zur lückenlosen Aufklärung entschlossen, und scheut sich nicht, dafür das Image seiner Schule zu riskieren. Seine Oberen behindern ihn nicht. Und setzen eine Missbrauchsbeauftragte als Anlaufstelle für Opfer ein. Das Sprechen über Sexualität und Machtstrukturen ist für die Kirche ein großer Schritt nach vorne. Langfristig würde eine Abschaffung des Zölibats für Priester wohl am meisten bewirken.

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Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.

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