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Kommentar zu Canisius-KollegEndlich redet die Kirche

Nina Apin
Kommentar von Nina Apin

Dass der Schulleiter an die Öffentlichkeit geht ist lobenswert. Offen bleibt, warum die Kirche solange geschwiegen hat.

Ein Schulleiter entschuldigt sich bei ehemaligen Schülern für jahrelangen sexuellen Missbrauch. Dann gibt er zwei Pressekonferenzen. Nennt die Namen der Täter und spricht von schonungsloser Aufklärung.

Über das Kommunikationsverhalten von Pater Klaus Mertes, den Leiter der Canisius-Schule in Tiergarten, kann man sich gar nicht genug wundern. Schließlich handelt es sich bei ihm und seinem Kollegium um Mitglieder der katholischen Kirche. Und die kannte bisher nur eine Art, mit dem Thema Missbrauch umzugehen: Ignorieren, Vertuschen und nur zugeben, was partout nicht mehr zu leugnen ist. Selbst dann sind es immer "Einzelfälle". Dass ein Jesuitenpater sich nun mit Rückendeckung seines Bistums in die Offensive wagt und nach grundsätzlichen Veränderungen in der Kirche ruft, ist neu. Hat die Kirche aus den immer wieder auftauchenden Missbrauchsvorwürfen gegen Priester gelernt?

Dafür spricht im Fall Canisius einiges: Der Schulleiter scheint zur lückenlosen Aufklärung entschlossen, und scheut sich nicht, dafür das Image seiner Schule zu riskieren. Seine Oberen behindern ihn nicht. Und setzen eine Missbrauchsbeauftragte als Anlaufstelle für Opfer ein. Das Sprechen über Sexualität und Machtstrukturen ist für die Kirche ein großer Schritt nach vorne. Langfristig würde eine Abschaffung des Zölibats für Priester wohl am meisten bewirken.

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Nina Apin
Redakteurin Meinung
Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.
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3 Kommentare

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  • B
    bastapapsta!

    Das Mertens jetzt den Samariter spielt ist mit ain bisschen Logik verständlich. Wie den Medien zu entnehmen ist, hat -wenn ich dies richtig verstanden habe- auch er seit er 2000 im Amt ist die ganze zeit von den Missbrauchsfällen gewusst und erst jetzt, wo sich Beschwerdebriefe häufen Lunte gerochen. jetzt spielt er den grossen Aufklärer. Merkt das niemand ?

    Wenn er nicht endlich reagiert hätte, wäre die Sache innerhalb kürzester Zeit anderweitig an die Öffentlichkeit geraten.

     

    Was katholische Sektenschulen betrifft, bin ich im Übrigen der meinung, dass jeder Schüler ein Recht auf eine OBJETIVE SchulBILDUNG und nicht katholische Konditionierung hat. Jeder kann sich später selbst entscheiden, ob und welcher Religion/ Religiösität er angehört. Fakt ist, dass noch heute an Sektenschulen zB. sexistische und homophobe Inhalte vermittelt werden.

  • MS
    Martin Sehberg

    Sehr geehrte Frau Apin,

     

    nicht dass ich den Zölibat als Zugangsvoraussetzung zum Priesteramt befürworte, aber wo bitteschön kann man einen auch nur irgendwie wissenschaftlich fundierten Beweis für Ihre gewagte These finden, ohne Zölibat gäbe es weniger sexuellen Missbrauch?

     

    Oder schreibt sich das einfach nur so leicht, weil die LeserInnen da ja eh applaudieren? Verzeihen Sie bitte die provokante Nachfrage, aber Ihre Auskunft würde mich sehr interessieren,

     

    Freundlicher Gruß,

    M. Sehberg - Niederrhein

  • EK
    Ein Katholik

    das abschaffen des zölibats bei priestern ist generell sicherlich eine gute idee, allerdings hat es wenig mit den aktuellen vorfällen zu tun:

    die täter waren nämlich nicht nur priester, sondern auch mönche. in einem kloster das zölibat abzuschaffen, würde dem gesamten konzept vehement widersprechen und sicherlich zur auflösung der orden führen. folglich wäre dies aus kirchlicher sicht wohl keine allzu gute idee.