Kommentar von Susanne Memarnia zum neuen Einwanderungsamt: Ohne neue Behördenkultur nur Kosmetik
Susanne Memarnia
ist Redakteurin für Migration
Keine Frage: „Landesamt für Einwanderung“ klingt besser als „Ausländerbehörde“. Schon allein, weil „Ausländer“ im allgemeinen Sprachgebrauch eher abwertend konnotiert ist. Oft schwingt etwas mit: Ausländer gehörten ja eigentlich nicht hierher, seien anders als „wir“, zum Glück aber meist auch nur übergangsweise hier. „Einwanderungsbehörde“ ist da schon freundlicher. Ja, kommt her, könnte das heißen, wir helfen euch beim Ankommen. Nur „Willkommensbehörde“ wäre noch zugewandter.
Der Verdacht liegt allerdings nahe, dass die am Montag von Innensenator Andreas Geisel (SPD) verkündete Umbenennung und Aufwertung der Behörde zu einem selbstständigen Landesamt nicht mehr ist als Kosmetik. Natürlich wäre eine Einwanderungsbehörde wünschenswert, die diesen Namen verdient, weil sie Menschen hilft bei der Einwanderung und Integration in die hiesige Gesellschaft.
Dafür braucht es aber keinen neuen Namen, sondern eine neue Behördenkultur, sprich: die Bereitschaft der Mitarbeiter, vorhandene rechtlichen Spielräume im Sinne der Einwanderer zu nutzen. Dafür wiederum braucht es mehr Personal, damit die Mitarbeiter genug Zeit haben, sich um jeden Klienten adäquat zu kümmern, sowie ein entsprechendes Signal von Politik und Behördenleitung, dass die inhaltliche Neuausrichtung von der (abwehrenden) Ausländer- zur (integrierenden) Einwanderungsbehörde wirklich gewollt ist.
Dieses Signal steht nach zweieinhalb Jahren Rot-Rot-Grün aber weiter aus. An der zumeist restriktiven Politik der Ausländerbehörde, etwa bei Arbeitsverboten für langjährig Geduldete, hat sich nach allem, was man hört, bislang nichts geändert. Um das anzugehen, hatte die Koalition vereinbart, dass eine Kommission die Verfahrenshinweise für die Behörde überarbeiten soll. Wenn der Innensenator möchte, dass die Behörde einwanderungsfreundlicher wird, könnte er ja mal dafür sorgen, dass diese Kommission endlich Ergebnisse vorlegt.
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