Kommentar von Stefan Alberti zu den Sondierungen für die künftige Regierung: Nach Faktenlage kommt die Deutschland-Koa
Stefan Alberti
ist Redakteur für Landespolitik.
Das Datum steht fest, erste Beteiligte sind auch bekannt: Am Freitag sollen die Sondierungen über die künftige Koalition in Berlin beginnen; in der ersten Runde reden SPD und Grüne miteinander. SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey hat nun klargemacht, was dabei ihr Maßstab ist: das bei einem Landesparteitag mit großer Mehrheit beschlossene SPD-Wahlprogramm – und nicht etwa der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag von 2016, den die Grüne Bettina Jarasch sich als Basis wünschte.
Doch geht es streng nach dem SPD-Wahlprogramm, könnte man sich alles Sondieren sparen und gleich in Gespräche über eine „Deutschland-Koalition“ mit CDU und FDP einsteigen. Denn dort ergeben sich grundsätzlich viele Schnittmengen mit der CDU, von Anti-Enteignung über die A100, Bebauung am Tempelhofer Feld bis zum U-Bahn-Bau.
Es gibt zwar auch Dissens auf anderen Feldern – aber innerhalb des Programms hat Giffey klar „5 Bs“ herausgehoben: Bauen, Bildung, Beste Wirtschaft, Bürgernähe und Berlin in Sicherheit. Bis auf Bildung sind das alles Themen, bei denen SPD und CDU weit besser harmonieren als SPD und Grüne, von der Linkspartei ganz zu schweigen.
Rein von der Logik her: Wenn Giffey damit so viel „SPD pur“ wie möglich erreichen kann, ist fraglich, wie ihre Partei nachvollziehbar ein Deutschland-Bündnis ablehnen könnte – dieselbe Partei, die das Wahlprogramm beschloss und Giffey an die Spitze stellte. Etwa weil ein Ziel nicht durchsetzbar war, das die SPD selbst nicht zu einem der 5 Bs machte? Oder weil man CDU und FDP einfach nicht mag? Weil die immer wieder mal zitierte kulturelle Nähe fehlt?
Was bei einer Partnerschaftsbörse akzeptabel ist – keine Heirat trotz der im Wunschprofil angegebenen Haarfarbe, Größe, Interessen und Nichtraucherschaft –, wäre bei einer Koalition nicht vermittelbar. Hier ist nicht Liebe, sondern Übereinstimmung bei Verbesserungen in der Stadt unabdingbar. Politik mag anders ablaufen – aber logisch ist sie dann nicht.
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