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Kommentar von Reiner Wandlerzur Parlamentswahl in SpanienEin Erfolg gegen Rajoy und Merkel

Wer regieren wird, ist noch unklar. Aber das Zweiparteiensystem ist Geschichte

Vor vier Jahren schrien die Empörten „Sie vertreten uns nicht“ und ernteten von den beiden großen spanischen Parteien ein müdes Lächeln. Wer das System verändern wolle, müsse nur eine Partei gründen, wurde ihnen mit zynischem Ton empfohlen. Gesagt, getan. Mit Podemos („Wir können“) ist die Welle der Empörung jetzt im Parlament angekommen. In einem Szenario, in dem stabiles Regieren fast unmöglich ist, wird die erst vor knapp zwei Jahren entstandene Antiausteritätspartei die Mitte des Spielfelds belegen, wie sie das nennen.

Das Ergebnis spricht deutliche Worte. Das Zweiparteiensystem, das 30 Jahre eine Vielfalt vortäuschte, die in der realen Politik nicht existierte, ist Geschichte. Podemos wird zweifelsohne die Themen der kommenden Legislatur diktieren. Soziale Forderungen, das Ende der Austerität, der Ruf nach Änderung des ungerechten Wahlsystems, die Frage eines multinationalen Spaniens stehen jetzt auf der Tagesordnung. Wer dies nicht sehen will, wird bei kommenden Wahlen, egal ob in vier Jahren oder gar schon früher, weitere Stimmen verlieren.

Ministerpräsident Rajoy will erneut eine Regierung bilden und hat dafür keine Mehrheit. Die PSOE meldet ebenfalls Begehrlichkeiten an. Die Sozialisten seien gerufen, den Wandel anzuführen, verkündeten verschiedene sozialistische Parteisprecher in der Wahlnacht, als wäre dies allein eine Frage der Zahlen, eine Frage dessen, ob man knapp vor ­Podemos liegt oder nicht.

Um Terrain zurückzugewinnen, genügt es nicht, den Stil von Podemos zu kopieren. Es braucht einen Kurswechsel um 180 Grad. Doch Spaniens Sozialisten haben längst, wie viele EU-Schwesterparteien auch, aufgehört, eine linke, fortschrittliche Politik zu vertreten, die sich an den Bedürfnissen der Menschen und nicht an denen der Märkte orientiert.

Es gibt genau einen einfachen Ausweg aus der Unregierbarkeit: die Große Koalition. Der Druck der spanischen Wirtschaft, der Druck ihrer Altvorderen, wie des ehemaligen Regierungschefs Felipe Gonzalez, und der Druck aus Brüssel und Berlin, um die PSOE zu einem solchen Bündnis zu bewegen, wird stark sein. Geben Spaniens Sozialisten dem nach, ist das ihr endgültiges Aus und der endgültige Durchbruch für Podemos.

Podemos-Chef Pablo Iglesias kann sich gelassen in seinem Sitz im neuen Parlament zurücklehnen. Die Zeit und die Fehler der anderen werden für ihn arbeiten.

Spanien ist nicht nur der Beweis des Scheiterns Rajoys, es ist ein Zeichen gegen die Politik Merkels in Europa. Griechenland, Portugal, die Wahl des neuen Laborchefs Jeremy Corbyn, ein möglicher Wahlsieg von Sinn Féin in Irland im nächsten Jahr, die Front gegen Merkel und Schäuble wird immer breiter.

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