Kommentar von Felix Lee über deutsch-chinesische Wirtschaftsbeziehungen: Deutschland braucht Industriepolitik
Chinas Botschafter in Berlin wirft Deutschland Protektionismus vor. Eine auf den ersten Blick absurde Unterstellung. Schließlich hat China jahrzehntelang ausländische Investoren zu Partnerschaft und Techniktransfer gezwungen. Erst jetzt hat sich die chinesische Führung bereit erklärt, diese Restriktion aufzuheben. In einigen Schlüsselbranchen bleibt ausländischen Unternehmen der Marktzugang in China auch weiterhin verwehrt.
Und doch ist der Vorwurf des chinesischen Botschafters berechtigt. Nach der Übernahme des Augsburger Roboterherstellers Kuka durch einen chinesischen Konzern hat Deutschland die Bestimmungen des Außenwirtschaftsgesetzes tatsächlich verschärft und versucht nun, diese auch auf EU-Ebene umzusetzen. Dabei haben die Deutschen in der Summe nach wie vor sehr viel mehr im Reich der Mitte investiert als umgekehrt.
Was vielen Angst macht, ist das Tempo. Während vor zehn Jahren chinesische Investitionen in Deutschland quasi nicht existent waren, lagen sie im vergangenen Jahr bei fast 14 Milliarden Dollar. Und das Interesse gerade an deutschen Hightechunternehmen wird in den nächsten Jahren ungebrochen bleiben.
Die Sorge vor der Konkurrenz aus Fernost ist verständlich. Doch wenn die Bundesregierung nun plötzlich den Chinesen Investitionen vorenthalten will, entspricht das nicht gerade dem Geist des freien Marktes, den sie selbst immer propagiert.
Das Problem sind denn auch nicht die chinesischen Investitionen an sich, sondern, dass Deutschland trotz seiner Wirtschaftsstärke keine eigene industriepolitische Vision hat. Auch in China gibt es strukturschwache Gebiete. Die Regierung hilft ihnen mit hohen Infrastrukturinvestitionen auf die Beine. So etwas könnten Regionen in Süd- und Osteuropa und auch in Deutschland selbst ebenfalls gut gebrauchen. Es wird Zeit, dass Kanzlerin Merkel einen Plan entwickelt. Dann müsste hier auch niemand die Chinesen fürchten.
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