Kommentar von Dorothea Hahnüber die dramatische Wende im US-Wahlkampf: Flucht von einem sinkenden Schiff
Das aggressive frauenfeindliche Reden von Donald Trump, das seit dem Wochenende über die Kanäle der Welt läuft, dürfte das Ende seines Aufstiegs markieren. Das Video, in dem er prahlt, er könne „jede haben“, zeigt zwar keinen grundsätzlich neuen Trump. Doch für die Apparatschiks seiner Partei, die ihn bislang wider besseres Wissen und Gewissen unterstützt haben, ist es der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Schon fordern Einzelne, er solle auf seine Kandidatur verzichten.
Es ist eine Fluchtbewegung von einem sinkenden Schiff, das von Anfang an mit Heuchlern besetzt war. Die republikanische Partei macht sich – selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass Trump doch noch das Handtuch werfen sollte – nur noch wenig Hoffnung auf das Weiße Haus. Aber die Partei will zumindest ihre Mehrheiten in den beiden Kammern des US-Kongresses retten, mit denen sie es in den letzten Jahren geschafft hat, erfolgreich Blockadepolitik zu machen. Für die republikanischen Kongress-Kandidaten ist Trump – wenige Tage nachdem bekannt wurde, dass der Multimilliardär offenbar jahrelang keine Bundeseinkommensteuer gezahlt hat – mit seinem widerlichen Ton gegenüber Frauen eine schwere politische Belastung geworden.
Hillary Clinton kann froh darüber sein, dass die Enthüllungen über Trumps Sexismus ihr eigenes Hofieren von Wall-Street-Bankern in den Hintergrund gedrängt haben. Denn die am Freitag bekannt gewordenen Details aus den hoch bezahlten Reden, die sie unmittelbar vor der Bekanntgabe ihrer Präsidentschaftskandidatur hielt, bestätigen die Befürchtung, dass sie sich zwar im Wahlkampf als Linke gibt, jedoch hinter verschlossenen Türen das Gegenteil sagt.
Die beiden Enthüllungen bedeuten eine weitere dramatische Wende im Wahlkampf. Neben den republikanischen Hoffnungen auf einen Sieg hat auch die US-amerikanische Demokratie schweren Schaden genommen. Die Wähler haben nur noch eine „Wahl“: für Hillary Clinton zu stimmen.
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