Kommentar von Benno Schirrmeister über die Schäden der Bamf-Skandalisierung: Sturmgeschütz des Rassenhasses
Wow, wie dürftig: Der Bamf-Skandal, der Deutschland das Frühjahr 2018 über in Atem gehalten hatte, ist zusammengeschrumpft auf nicht viel mehr als die vage Annahme, dass eine Amtsleiterin zwei Übernachtungen à 65 Euro möglicherweise nicht korrekt abgerechnet hat. Das wäre, wenn es wahr wäre, nicht redlich. Aber es hätte bundespolitisch überhaupt keinen Belang.
Der Verdacht aber, nach dem Ulrike B., die Leiterin der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, illegal Aufenthaltstitel ausgestellt hätte: Von dem Vorwurf ist nach Prüfung des Bremer Landgerichts nichts übrig. So, wie die Verwaltungsgerichte ihre ausländerrechtlichen Entscheidungen bestätigt haben, kann auch die zuständige Strafkammer in Ulrike B.s Führung der Amtsgeschäfte kein Unrecht erkennen. Anstoß daran nehmen konnten nur die Bamf-Zentrale in Nürnberg und die politische Führung in Berlin, der es wichtiger ist, Dublin-Abschiebungen durchzusetzen als Menschenrechte.
Leid tun kann einem Ulrike B., die mit Disziplinarverfahren und schäbiger Berichterstattung überzogen wurde; die Anwaltskosten sind auch nicht von Pappe. Noch schwerer wiegt der Stimmungswandel, den die professionelle Verbreitung des Gerüchts befeuert hat. Denn ja, in dieser Affäre hat sich namentlich der Spiegel als Sturmgeschütz des Ausländerhasses betätigt: Mehrfach raunte sein Suggestiv-Team was vom „Schlupfloch“ Bremen und fragte, wie groß wohl das Sicherheitsrisiko sei, das durch die schlimm menschenrechtskonforme Behördenpraxis entstanden wäre.
Die Antwort lautet: klein. Sehr klein. Und nicht zuletzt dank Spiegel viel kleiner als die Gefahr, in Deutschland mit entsprechender Pigmentierung Opfer eines rassistisch motivierten Überfalls zu werden.
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