piwik no script img

Kommentar von ANDREAS WYPUTTA Über den Terror-UntersuchungsausschussGroßes Kino, kleines Karo

„Einmalig“ ist die Unverfrorenheit, mit der die Opposition den Landtag für taktische Spielchen benutzen wollte

Ganz großes Kino im Landtag in Hannover: CDU und FDP stimmen gegen den von ihnen selbst beantragten Terror-Untersuchungsausschuss. Besonders CDU-Fraktionsgeschäftsführer Jens Nacke gibt den wütenden Mann. Es sei ein „einmaliger Vorgang“, dass SPD und Grüne mit Einsetzung des Terror-Untersuchungsausschusses auch die schwarz-gelbe Vorgängerregierung des Christdemokraten David McAllister mit in den Blick nehmen wollen. „Verfassungsbruch“, „Missachtung des Parlaments“, schnauben er und FDP-Fraktionsvize Stefan Birkner.

„Einmalig“ ist daran allerdings vor allem eins: Die Unverfrorenheit, mit der die Opposition den Landtag für parteitaktische Spielchen benutzen wollte. In Zeiten allseits geschürter Terrorangst dürfte die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss, der ein Versagen der Sicherheitsbehörden aufdecken soll, für gute Schlagzeilen sorgen. Nur das scheint das Kalkül von Christdemokraten und Liberalen gewesen zu sein.

Denn: Kaum gerät das eigene Regierungshandeln mit ins Visier, spielen die geradezu herbeibeschworenen möglichen Terroranschläge auch im Norden oder die Gefahren, die von aus Syrien zurückgekehrten Sympathisanten des sogenannten Islamischen Staates ausgehen könnten, für CDU und FDP überhaupt keine Rolle mehr. Parteiinteressen sind da plötzlich wichtiger als Sicherheitsfragen.

Unwichtig ist auch, ob der Untersuchungsausschuss, der bis zu 100 PolizistInnen dauerhaft beschäftigen könnte, diese von ihrer eigentlichen Arbeit der Terrorbekämpfung abhält, ebenso die Kosten von mehreren 100.000 Euro nur für den Bau eines abhörsicheren Raums im Landtag.

Wichtig ist Christdemokraten und Liberalen jetzt nur noch, dass der selbst definierte Untersuchungszeitraum „nicht verwässert“, also nicht auf die eigene Regierungszeit ausgedehnt wird – was nur ungeschickt umschreibt, dass der Ausschuss nicht der Aufklärung möglicher Terror-Szenarien, sondern als Bühne gegen die rot-grüne Regierung hätte dienen sollen. Das ist ganz kleines Karo – und diskreditiert den Parlamentarismus an sich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen