Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Nein, Sie geben keine Gedankengänge wieder, jedenfalls nicht meine.
Sie verkennen, dass die beiden Angeklagten wegen ihrer Taten verurteilt wurden, nicht wegen ihres Dienststatus - auch als Söldner der Bandenchefs in Luhansk, als die sie sich dann später ausgaben, wären sie verurteilt worden. Im übrigen müssten sie auch nach russischem Strafrecht verurteilt werden, beispielsweise nach Artikel Artikel 359 Abs.3: “Participation of a mercenary in an armed conflict or in hostilities shall be punished by imprisonment for a term of three to seven years.” Das ist natürlich ein Witz, denn dann müsste die russische Strafjustiz einen Großteil der eigenen Armee ins Gefängnis werfen, deren Soldaten wie schon das historische Vorbild der Legion Condor in Räuberzivil gesteckt werden oder einfach nur die Nationalitätskennzeichen abnehmen, um dann in Ukraine "separatistische Bergleute" zu mimen.
Bei der OSZE-Mission kann man nachlesen, was die beiden Soldaten der Mission anvertrauten, in Abwesenheit irgendwelcher Ukrainer. http://www.osce.org/ukraine-smm/159296
Den Bericht von Pavel Kanygin von der Novaya Gazeta kann man hier in englischer Übersetzung nachlesen:
Mir ist schon klar, dass man nicht einfach ins Nachbarland gehen und gegen die dortige Regierung kämpfen kann. Das steht außer Frage und darum ging es in dem Artikel auch gar nicht. Es ging darum, dass beim Prozess rechtsstaatliche Prinzipien auch nicht besser eingehalten wurden, als in Russland. Und wenn das selbst Frau Oertel auffällt, die sonst absolut "pro-ukrainisch" ist, dann zweifle ich nicht an Wahrheitsgehalt des Artikels.
PS: Das russische Strafgesetzbuch ist in Englisch verfasst?
"Wer glaubte, die Ukraine bewege sich langsam aber sicher auf den Weg zu einem Rechtsstaat, ist seit Montag um eine Illusion ärmer."
Warum hatten Sie diese Illusion eigentlich? Das Personal war doch einschlägig bekannt.
Ein bizarrer Kommentar. Die Angeklagten werden als "angeblich" oder mutmaßliche russische Soldaten" vorgestellt - als ob da ein berechtigter Zweifel bestünde. "Angeblich" trifft aber insofern zu, weil die beiden Männer es so selbst nach ihrer Festnahme angegeben hatten, nicht nur den ukrainischen Behörden gegenüber, sondern auch einem Reporter der russischen Zeitung Novaya Gazeta, einem Mitglied des russischen Menschenrechtsrats und der OSZE-Mission. Demnach waren sie russische Soldaten im aktiven Dienst. Jerofejew führte dabei ein schallgedämpftes Scharfschützengewehr vom Fabrikat Wintores bei sich. Der Einsatz in Ukraine sei als Aufklärungsmission von der vorgesetzten Dienststelle befohlen gewesen; sie sollten nach drei Monaten abgelöst werden. Beide gaben an, sie seien schon zuvor auf solchen Missionen in Ukraine gewesen.
Im russischen Fernsehen wurde alsbald ein Interview mit der Ehefrau eines der Beiden ausgestrahlt. Die Frau gab darin die offizielle Kreml-Position wieder: Die Männer seien aus dem Militärdienst ausgeschieden und die offiziellen Stellen in Russland hätten nichts mit ihnen zu tun. Nach Besuchen des russischen Konsuls änderten die beiden Soldaten ihre Aussagen und bezeichneten sich als gewissermaßen freiberufliche Söldner der so genannten "Volksrepublik Luhansk". Es liegt auf der Hand, dass über die Familien entsprechender Druck von russischen Stellen auf die beiden Soldaten ausgeübt wurde.
Inwiefern dann ein Prozess gegen die Soldaten eine "Farce" gewesen sein soll, bleibt das Geheimnis der taz-Redakteurin. In der Tat wurden sie erst nach gewaltsamem Widerstand festgenommen; dabei starb ein ukrainischer Soldat, drei wurden verletzt. Ebenso bleibt im Dunkeln, wie die Autorin zu der Behauptung kommt, in dem Verfahren hätte "den Angeklagten ihre Schuld nicht eindeutig nachgewiesen werden" können - sie waren immerhin auf frischer Tat ertappt und festgenommen worden.
In der Vergangenheit war man in der taz Seriöseres gewohnt.
"... dass ... entsprechender Druck ... auf die beiden Soldaten ausgeübt wurde."
Das die ersten Aussagen der Festgenommenen auf Druck der ukrainischen Seite erfolgt sein könnten, ziehen Sie nicht einmal in Erwägung. Denn das ist ja völlig unmöglich. Musterdemokraten würden so etwas nie tun.
Und ein toter Rechtsanwalt? Was soll's? Warum verteidigt er auch Russen! Die sind ja schon per Definition schuldig.
Habe ich Ihre Gedankengänge korrekt wieder gegeben?
Man stelle sich nur mal vor, ein Verteidiger Sawtschenkos hätte sich im Gerichtssaal den Knöchel verstaucht...
Autofahrer:innen stellen ein Viertel aller Verurteilten in Deutschland. Doch vielen fehlt Bewusstsein für ihre Taten.
Kommentar ukrainischer Rechtsstaat: Um eine Illusion ärmer
Die Verurteilung angeblich russischer Soldaten erinnert fatal an das Erbe, das für viele der ehemaligen Sowjetrepubliken charakteristisch ist.
Die Verurteilung? Nur eine Farce Foto: dpa
Wer glaubte, die Ukraine bewege sich langsam aber sicher auf den Weg zu einem Rechtsstaat, ist seit Montag um eine Illusion ärmer. Die Verurteilung der beiden mutmaßlichen russischen Soldaten Alexander Alexandrow und Jewgenij Jerofejew zu jeweils 14 Jahren Haft wegen Teilnahme an einem „Aggressionskrieg“ gegen die Ukraine sowie Durchführung eines „Terroanschlags“ ist eine Farce.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Russland seinerseits durch die Verurteilung der ukrainischen Pilotin Nadja Sawschenko, die mittlerweile in ihrer Heimat so etwas wie eine nationale Ikone ist, eine Steilvorlage geliefert hat. Und dass die Entscheidung des Kiewer Gerichts die Möglichkeit eröffnet, die hungerstreikende Sawtschenko per Gefangenenaustausch noch lebend nach Hause zurück zu holen.
Hintergrund
Ein Gericht in Kiew hat zwei mutmaßliche russische Soldaten wegen Kampfhandlungen in der Ostukraine zu 14 Jahren Haft verurteilt. Die Jury fällte das Urteil gegen Alexander Alexandrow und Jewgeni Jerofejew am Montag wegen Teilnahme an einem "Aggressionskrieg" gegen die Ukraine sowie wegen einem "Terroranschlag". Das Urteil könnte einen Gefangenenaustausch mit der in Russland inhaftierten ukrainischen Kampfpilotin Nadja Sawtschenko ermöglichen.
Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko habe er sich am Dienstag bereits mit Putin auf die Freilassung von Nadeschda Sawtschenko geeinigt. Wie der Deal konkret aussieht, sagte der Präsident nicht.
Die beiden Männer waren im Mai vergangenen Jahres in der ostukrainischen Region Luhansk gefasst worden. Demnach waren sie dort in Gefechte zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen verwickelt. (afp/ap)
Nein, allein schon einige Ereignisse, die dem Schuldspruch voraus gingen, sollten zu denken geben. So fiel der Anwalt eines der beiden Beschuldigten einem Mordanschlag zum Opfer. Im Büro des Vorsitzenden Richters wurde Feuer gelegt. Im Prozess selbst konnte den Angeklagten ihre Schuld nicht eindeutig nachgewiesen werden.
Das alles erinnert fatal an das Erbe, das für die meisten der ehemaligen Sowjetrepubliken charakteristisch ist. Und genau da liegt das Problem. Niemand, der bei Verstand ist, würde allen Ernstes behaupten, dass in Russland die Justiz etwas anderes sei als ein willfähriger Erfüllungsgehilfe des Kreml. Die neuen Machthaber in der Ukraine hingegen sind mit einem gänzlich anderen Anspruch angetreten.
Bisher haben sie wenig auf der Habenseite vorzuweisen. Das ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die 2013 und 2014 während des Euro-Maidan wochenlang für demokratische Reformen auf die Straße gingen.
Ob sich unter dem neuen Regierungschef Wladimir Groisman etwas ändern wird, ist zweifelhaft. Um ihn ins Amt zu hieven, wurden einige unabhängige Abgeordnete gekauft. Ein vielversprechender Start sieht anders aus.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Barbara Oertel
Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
Themen