Kommentar über niedrige Taxipreise: Fünfzig Jahre weggeschaut
Nötig sind klare Regeln für würdige Arbeitsbedingungen. Auch wenn die Taxifahrt durch die eigene Stadt dann ein paar Euro mehr kostet.
D as Taxigewerbe wuchert weitgehend unkontrolliert. Nicht nur in Hamburg, sondern deutschlandweit. Davon profitieren die Fahrgäste. Sie zahlen wenig, die Politik bestimmt schließlich die Tarife, denn eine Taxifahrt soll nicht zu teuer sein. So machen es sich die Kommunen einfach. Dass Fahrer dafür prekär bezahlt werden, interessiert sie nicht.
Taxiunternehmer dürfen ihre Angestellten nicht nach Taxameter, also nach gefahrenen Touren bezahlen. Das wäre Akkordlohn und ist verboten. Seit fünfzig Jahren steht das im Personenbeförderungsgesetz. Doch die Städte setzen das Gesetz nicht um. Natürlich wird nach Taxameter bezahlt.
Warum fällt das erst jetzt auf? Weil Taxifahrer keine Lobby haben. Keine Gewerkschaft vertritt die Rechte dieser zersplitterten Branche. In Hamburg waren es Einzelne, die sich vor einem Jahr über diesen Missstand beschwerten. Und prompt klagten die Unternehmer gegen die neuen Kontrollen der Stadt. Ob das Amt für Arbeitsschutz künftig regelmäßig überprüfen darf, ob angestellte Taxifahrer faire Löhne bekommen, ob ihre Arbeitgeber Sozialabgaben zahlen, das entscheidet demnächst das Verwaltungsgericht.
Solange sich niemand wehrt, braucht die Politik auch nicht zu reagieren: Diese Haltung trifft die Schwächsten. Nötig sind klare Regeln für würdige Arbeitsbedingungen. Auch wenn die Taxifahrt durch die eigene Stadt dann ein paar Euro mehr kostet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“