Kommentar protestantische Missbrauchsfälle: Nur dem Höchsten verantwortlich
Jede Organisation, die mit Kindern arbeitet, hat Missbrauchsfälle zu beklagen. Sie alle müssen sich daran messen lassen, ob sie vorbehaltlos zu den Opfern stehen. Hier hat die evangelische Kirche versagt.
B ei der Aufarbeitung des jüngsten Missbrauchsfalls in der Nordelbischen Kirche hat sich alles auf die Rolle von Bischöfin Maria Jepsen kapriziert: Wusste sie damals schon, dass es um Missbrauch ging? Oder hätte sie es wissen müssen?
Klar ist, dass es auch bei den Protestanten schwere Mängel im Umgang mit Missbrauchsfällen gab. Jede Organisation, die mit Kindern arbeitet, hat Missbrauchsfälle zu beklagen - ob Kindergarten, Schule, Sportverein oder Kirche. Sie alle müssen sich daran messen lassen, ob sie vorbehaltlos zu den Opfern stehen. Das können sie am besten zeigen, indem sie den Tätern rigoros Einhalt gebieten - gerade wenn ihnen strafrechtlich nicht mehr beizukommen ist.
Darin hat die evangelische Kirche zumindest in dem nun bekannt gewordenen Fall versagt. Ein Missbrauchs-Täter als Seelsorger in der Jugendstrafanstalt - das ist ein Alptraum. Und der fängt dort an, wo der Mann wegen nicht näher bezeichneter "Verfehlungen" strafversetzt wird, und niemand nachhakt, was für Verfehlungen das waren.
In säkularen Organisationen wäre das schwer vorstellbar. Warum haben gerade Kirchen so riesige Probleme, sich ihren Fehlern zu stellen? Vielleicht, weil man sich dort eben nicht seinen Schäfchen verantwortlich fühlt, sondern dem Höchsten. Und mit dem kann man alles im stillen Kämmerlein regeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“