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Kommentar ZwischenlagerJede Frittenbude hat es schwerer

Nick Reimer
Kommentar von Nick Reimer

Wie altes Fett entsorgt zu werden hat, ist geregelt. Wie mit Atommüll zu verfahren ist, bleibt das große Rätsel. Also macht man einfach weiter.

Kleiner Scherz: Ein Müllbehälter mit der Aufschrift „Restmüll“ vor dem AKW Brunsbüttel. Bild: dpa

E igentlich dürften Atomkraftwerke in Deutschland gar nicht laufen. Wegen des sogenannten Entsorgungsnachweises: Jeder Frittenbudenbetreiber muss dokumentieren, dass er seinen Müll ordnungsgemäß entsorgt. Betreiber von Atomkraftwerken sind von dieser Pflicht befreit: Niemand weiß bislang, wie hochradioaktiver Müll endgültig abgebaut werden kann – und ob überhaupt.

Zwar versprechen Bundesregierung auf Bundesregierung den Bau eines Atommüll-Endlagers, um diesen dann doch wieder in die nächste Legislatur zu verschieben.

Das führt dazu, dass der nukleare Müllberg immer größer wird. Eine Untersuchung hat nun detailliert zusammengetragen, welche Dimensionen dieses Problem inzwischen angenommen hat: An 92 verschiedenen Stellen lagert in der Bundesrepublik mittel- oder hochradioaktiver Schrott.

Mit Ausnahme des Schachtes Konrad – hier wurde schwach- und mittelradioaktives Material etwa aus der Medizin für ewig vergraben – lagert dieser Atommüll fast überall nur „zwischen“. Statt nun die Maschinerie anzuhalten und erst einmal nach einem Endgültikum zu suchen, produzieren die AKWs einfach weiter verstrahlten Abfall. Jetzt. Jetzt. Und jetzt.

Dabei könnte Deutschland sechs Atomkraftwerke sofort abschalten: Nie wurde hierzulande mehr Strom produziert als derzeit, der Exportüberschuss wird Ende 2013 bei über 30 Milliarden Kilowattstunden liegen.

Doch die breite Zivilgesellschaft hat sich durch den „Atomkonsens“ einlullen lassen und kümmert sich nicht mehr. Dabei ist ein schnellerer Ausstieg nicht nur machbar, sondern alternativlos. Und sei es nur, um noch mehr strahlenden Müll zu vermeiden.

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Nick Reimer
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
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10 Kommentare

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  • S
    Schachträuber

    Ist ja auch echt schwierig den Asse-Schacht von Schacht Konrad zu unterscheiden. Ist nicht so wichtig, ob und wo welcher Müll liegt, Hauptsache die Titelzeile klingt gut

  • I
    iPh0ne

    Würde die Forschung am DFR weiterbetrieben werden, dann wären alle Probleme mit dem Radioaktivenabfall beseitigt und man bräuchte keine Endlager im heutigen Sinne mehr. Siehe dazu dieses Konzept: http://www.dual-fluid-reaktor.de/

  • S
    Student

    Was für ein undurchdachtes Kommentar.

    1. Im Schacht Konrad wurden noch keinerlei radioaktive Abfälle eingelagert.

    2. Warum gibt es denn so viele Standorte wo radioaktive Abfälle gelagert werden? Weil niemand die CASTOR-Transporte wollte und sich somit für dezentrale Zwischenlager entschieden wurde.

    3. ist die Entsorgungsfrage gesetzlich schon geklärt. Denn danach ist der Bund für die Bereitstellung eines Endlagers zuständig. Finanziert wird die Suche und die Errichtung von den Abfallverurschern.

    4. Ein Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Abfall wird im Schacht Konrad errichtet. Ist also in absehbarer Zeit verfügbar.

    5. Der Anteil an hochradioaktivem Abfall beträgt nur ca. 10 Vol-% am Gesamtabfallvolumen. Betrachtet man die Energiemenge die daraus erzeugt wurde, ist es meiner Meinung nach gar nicht soviel.

    6. Das sich Kernkraftwerke weniger rechnen ist schon jetzt der Fall, allerdings gilt das auch für Kohlekraftwerke, denn die Kraftwerke bekommen ihren eingespeisten Strom nach dem Börsenpreis bezahlt. Und der ist bekanntlich in letzter Zeit gesunken.

    7. Natürlich könnte man alle Kernkraftwerke in Deutschland abschaten, die Frage ist nur mit welchen Folgen.

  • P
    Pflichtfeld

    Mit Ausnahme des Schachtes Konrad – hier wurde schwach- und mittelradioaktives Material etwa aus der Medizin für ewig vergraben – lagert dieser Atommüll fast überall nur „zwischen“.

     

    Atommüll wurde bereits in Konrad eingelagert? Sind Sie sicher?

    • G
      Gast
      @Pflichtfeld:

      Nein, in Konrad wurde noch nichts eingelagert. Da hat sich jemand wohl falsch informiert.

    • G
      Gast
      @Pflichtfeld:

      Bisher wurde dort kein Gramm eingelagert. Vor 2021 wird das auch nicht geschehen.

    • F
      Fremdschämer
      @Pflichtfeld:

      Vermutlich ist sich der Autor genauso sicher wie bei allen anderen unhaltbaren Behauptungen. Sorgfältige Recherche ist nicht gerade die Stärke hier, vor allem nicht bei einem Thema wo Polemik und Schauermärchen deutlich besser ankommen.

      • P
        Pflichtfeld
        @Fremdschämer:

        Habe den Artikel noch einmal auf "unhaltbare Behauptungen" durchgesehen. Ergebnis:

         

        Doch die breite Zivilgesellschaft hat sich durch den „Atomkonsens“ einlullen lassen und kümmert sich nicht mehr.

         

        Das Volk ist also total verblödet und uninteressiert, die Welt erklärende Journalisten selbstverständlich ausgenommen. Ich frage mich allerdings, warum die Diskussionsforen zu diesem Thema überwiegend gut und sachkundig bedient werden.

         

        Werde diese URL bei meinen Favoriten wohl deutlich hinter "BILD" einordnen müssen.

         

        Übrigens, wir haben ein genehmigtes Endlager für radioaktive Abfälle in Morsleben (als solches übernommen mit dem Einigungsvertrag) und ein de facto Enlager im ehemaligen Salzbergwerk Asse II.

  • Die verbliebenen AKW werden erst "angehalten", wenn sie nicht mehr rentabel sind.

    Würden also endlich mehr Verbraucher zu Ökostromversorgern wechseln, wär schon viel gewonnen.

    Kein Profit- Kein AKW!

  • Gehen Sie mal davon aus, Nick Reimer, dass, falls Merkel & Ko. wiedergewählt werden und Fukushima innerhalb der nächsten 2 Jahre nicht halb Japan entvölkert, ganz pragmatisch (nach Merkel-Art) festgestellt werden wird, dass die deutschen AKW ja schließlich die sichersten der Welt sind und deshalb problemlos doch noch einige Jahre länger betrieben werden können. Weil's sonst (angeblich) zu teuer wird.

     

    Bei der Schlafmützigkeit der Mehrheit der deutschen Wählerschaft wird das funktionieren. Also bitte kein Geschrei um das bisschen Müll.