Kommentar Zuma-Skandal: Zeit für mehr Pluralismus
Der südafrikanische Präsident hat keine Mehrheit mehr, er gewinnt die Vertrauensabstimmung nur knapp. Seine Partei sollte sich Neuwahlen stellen.
S üdafrikas Präsident Jacob Zuma hat sich noch einmal aus der Affäre gezogen – aber die nur knapp gewonnene Vertrauensabstimmung in einem Parlament, in dem die regierende einstige Befreiungsbewegung ANC eigentlich eine satte Mehrheit hält, ist nicht wirklich ein Vertrauensbeweis. Nur 198 der 400 Abgeordneten stimmten gegen den Misstrauensantrag der Opposition. Der Präsident hat keine Mehrheit mehr.
Vorgezogene Neuwahlen, wie die Opposition sie jetzt fordert, sind der einzig mögliche Ausweg. Die nächsten regulären Wahlen wären erst 2019. Doch schon Ende dieses Jahres benennt der ANC seinen Spitzenkandidaten, und der wird wohl nicht Zuma heißen. Dann wäre es doch besser, der designierte Nachfolger stellt sich gleich dem Wählervotum.
Doch zur Überwindung der verknöcherten und zunehmend korrupten politischen Kultur, die sich nach einem knappen Vierteljahrhundert ANC-Herrschaft in Südafrika ausgebreitet hat, sind noch andere Dinge nötig.
Die gegensätzlichen Interessengruppen, die sich derzeit noch im ANC sammeln, müssen sich überlegen, ob sie nicht den Sprung hinaus aus dem Sammelbecken wagen, hin zur Gründung einer vielfältigeren Parteienlandschaft. Sonst heißen Neuwahlen doch nur, dass die Regierungspartei wieder Kadergehorsam einfordert – den sie immer weniger bekommt, wie die zunehmend selbstbewusste rechte und linke Opposition beweist.
Der ANC hat seine historische Rolle in Südafrika erfüllt. Er hat dem Land Freiheit gegeben. Er sollte nun seinen lähmenden politischen Monopolanspruch aufgeben und einem politischen Spektrum Raum bieten, das dem neuen freien Südafrika entspricht.
Die neue südafrikanische Generation ist schon längst so weit. Wenn die offizielle Politik sich anschließt, könnte aus Südafrika doch wieder die Regenbogennation werden, die Nelson Mandela einst erhoffte und die für Afrika und die Welt ein Vorbild war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau