Kommentar "Zomia"-Konflikt: Der Fürst und die Macht

Die Grundlagen des Verwaltungshandelns reichen ins Jahr 1959 zurück. Angesichts der aktuellen Wohnungsnot wirkt es beinahe zynisch.

Es gibt eine Beschreibung für Bezirksamtsleiter: "Bezirksfürsten". Und die trifft den Nagel auf den Kopf. Denn was der Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) zurzeit in seinem Fürstentum Mitte betreibt, ist nichts anderes als ein Machtspiel.

Da gibt es eine kleine Bauwagengruppe, die sich das Wohnen in kleinen Wagen zumindest vorübergehend als Lebensperspektive ausgesucht hat und eine ungenutzte Brachfläche vereinnahmt. Die ist zu nichts zu gebrauchen und wird nur als "Vorhaltefläche" für eine mögliche nördliche Variante einer Hafenquerspange freigehalten - aber nein, die Gruppe hat da wieder zu verschwinden.

Das Dumme ist nur, dass sich Schreiber dabei auf ein Gesetz stützen kann. Der rot-grüne Senat hatte zwar 1999 das Wohnwagengesetz novelliert, das seit 1959 in den Wirtschaftswunder-Jahren "Zigeuner" fernhalten sollte - aber Rot-Grün ist halbherzig vorgegangen. Denn die Wohnwagenkultur ist demnach nur übergangsmäßig bis zur Vermittlung einer Wohnung zulässig, um "Substandardwohnen" nicht dauerhaft zu fördern.

Daher können sich noch immer Verwaltungsbeamte wie Schreiber auf das Wohnwagengesetz stützen, wenn sie partout keine Bauwagenplätze in ihrem Bezirk haben wollen. Angesichts der aktuellen Wohnungsnot ist das nicht nur kurzsichtig und fahrlässig, sondern wirkt beinahe zynisch.

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Jahrgang 1956, Seit 1983 bei der taz – zuerst bei der taz.hamburg und jetzt bei der taz.nord in Hamburg. Ressorts: Polizei, Justiz, Betrieb und Gewerkschaft. Schwerpunkte: Repression, progressive Bewegungen und Widerstand gegen Gentrifizierung

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