Kommentar: Wowereits Finanzsenator: Die Trümpfe des Sonnenkönigs
Man kann Wowereits Politik als das Vorgehen einen autokratischen Sonnenkönigs geißeln. Man kann aber auch zu dem Schluss kommen, dass der Regierende Bürgermeister mit geschickt verdeckten Karten spielt, um im richtigen Zeitpunkt seine Trümpfe ausspielen zu können.
Eins muss man Klaus Wowereit lassen: Er versteht es, Lösungen zu präsentieren. Erst lockt er die Modemesse Bread & Butter zurück nach Berlin und drückt so der Debatte um die Nachnutzung des Flughafens Tempelhof seine Marke auf. Nun präsentiert er mit Ulrich Nußbaum einen durchaus vorzeigbaren Nachfolger für Finanzsenator Thilo Sarrazin, den trotz fast zweijähriger Spekulationen niemand ganz vorn auf seiner Tippliste hatte.
In beiden Fällen kann man Wowereit nicht nachsagen, besonders kooperativ vorgegangen zu sein. Im Gegenteil: Bei der Vorstellung von Nußbaum als kommenden Senator trug es offensichtlich zu Wowereits vergnüglicher Laune bei, dass bis zum letzten Moment nicht nach außen gedrungen war, wen er da aus dem Hut zaubern würde.
Man kann Wowereits Politik als das Vorgehen einen autokratischen Sonnenkönigs geißeln, der mit selbstherrlicher Arroganz über die Bedenkenträger in seinem Umfeld hinweggeht. Man kann aber auch zu dem Schluss kommen, dass der Regierende Bürgermeister mit geschickt verdeckten Karten spielt, um im richtigen Zeitpunkt seine Trümpfe ausspielen zu können. Trotz aller Nörgelei der Opposition: Derzeit spricht viel dafür, dass die zweite Sichtweise zutrifft.
Ob Wowereits Trümpfe tatsächlich stechen oder ob sie sich als Luschen erweisen, wird man zwar erst in ein oder zwei Jahren sagen können. Das aber ist nicht weiter schlimm. Denn in zwei Jahren steht die nächste Abgeordnetenhauswahl an. Ein hervorragender Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!