piwik no script img

Kommentar Wohlstands-EnqueteBescheidener Anspruch

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Mit einem gemeinsamen Konzept hätten die Fraktionen eine diskurisive Grundlage für die Kriterien von Wohlstand und Fortschritt gehabt.

D ie Mitglieder der Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ des Deutschen Bundestages sind inzwischen sehr bescheiden geworden.

Das ist wohl die logische Folge ihrer ins Riesenhafte aufgeblähten Einrichtung, die sich in der vergangenen Legislatur mit Wachstum in Wirtschaft und Gesellschaft, mit Ordnungspolitik und Arbeit, Konsumverhalten und technischem Fortschritt, also mit eigentlich allem befasst hat. So ist es nicht verwunderlich, dass die verschiedenen Arbeitsgruppen nun, am Ende ihrer Laufzeit, einen Dissens nach dem anderen verkünden.

Wieso sollten sich FDP und Linke auf eine Definition von Verteilungsgerechtigkeit einigen? Warum CDU und Grüne den Ressourcenverbrauch ähnlich bewerten? Mit ihrer Vielstimmigkeit bietet die Enquetekommission den Wählerinnen und Wählern den schönen Service, Antworten der Bundestagsfraktionen auf verschiedene gesellschaftliche Herausforderungen kurz und knapp darzulegen.

Heike Holdinghausen

ist Redakteurin im Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.

In einem Fall aber ist das erreichte Ergebnis zu mager: in der Arbeitsgruppe zwei, die nach einer alternativen Wohlstandsmessung in Ergänzung zum Bruttosozialprodukt (BIP) gesucht hatte. Dass die Fraktionen jetzt neben dem Bericht noch zwei Sondervoten, also insgesamt drei Indikatorenmodelle präsentieren, schadet einer guten Sache.

Mit einem gemeinsamen Konzept hätten sie eine diskursive Grundlage für die Entscheidung geschaffen, nach welchen Kriterien sie Wohlstand und Fortschritt künftig messen wollen. Mit ihren Sondervoten haben die Grünen und die Linkspartei dies ohne Not verhindert. Der Hinweis, es bestehe ja ein Grundkonsens darüber, dass das BIP Ergänzungen benötige, trägt nicht weit, denn das war eh klar. Zu bescheiden dürfen die Erwartungen an die eigene Arbeit eben auch nicht sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!