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Kommentar Wintersport und der MDRDer distanzlose Sportjournalist

Jürn Kruse
Kommentar von Jürn Kruse

René Kindermann, Sport-Moderator vom MDR, kommentiert nicht nur Wintersport. Er richtet ihn als Veranstalter auch aus. Darf er das?

Maiken Caspersen Falla und ihre Verfolgerinnen beim Weltcup in Lillehammer Foto: dpa

E igentlich ist es ganz simpel: MDR-Moderator René Kindermann berichtet im Ersten und im Dritten regelmäßig über den Langlauf-Weltcup, den der Ski-Weltverband Fis austrägt. Also sollte Kindermann besser nicht geschäftlich mit der Fis verbandelt sein. Schließlich schreibt sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk doch immer wieder auf die Fahnen, dass er im Gegensatz zur privaten Konkurrenz ganz distanziert und kritisch über Sport berichten würde. Alles also ganz simpel. Eigentlich.

Doch Kindermann wird nun mit seinem Kollegen Torsten Püschel zum Helfer eines Fis-Weltcup-Rennens in Dresden. Sie haben dafür die CitySki GmbH gegründet. Vor der Altstadtkulisse der sächsischen Hauptstadt soll im Januar 2018 ein Sprint-Wettbewerb stattfinden.

Der Deutschlandfunk hat gerade über diese bemerkenswerte Beschäftigung berichtet. Dem öffentlich-rechtlichen Sender gegenüber gab sich Kindermann schmallippig: „Die Stadt ist der Star, wir halten uns persönlich mit Auftritten zurück“, war sein einziges Zitat.

Woanders war Kindermann allerdings auskunftsfreudiger: „Im Rahmen eines Trainee-Programms der FIS haben wir viel über das Organisieren eines solchen Events gelernt“, sagte er im Dezember 2016 gegenüber dem Dresdener Online-Magazin Neustadt Geflüster.

Einfach die Klappe zu halten

Und wie findet das der MDR? Für den antwortet Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi: „Ich sehe keinen Grund, René Kindermann oder Torsten Püschel von anderen Projekten abzuziehen. Sie organisieren ja nicht den eigentlichen Wettkampf. Das macht der Deutsche Skiverband.“ Die beiden machten nur einen Orga-Job. Es gebe „keine Verbindung zum MDR“.

Fassen wir zusammen: Einer der bekanntesten Moderatoren des MDR, der regelmäßig über Wintersport berichtet, lernt bei dem Verband, über den er doch kritisch berichten soll, wie man ein solches Event organisiert, macht das dann – und beim MDR finden das die EntscheiderInnen völlig okay.

Na gut, aber wenn das öffentlich-rechtliche Fernsehen demnächst wieder mal ein paar Sportrechte verlieren sollte und dann irgendeiner der ARD-Großkopferten darüber nachdenkt zu jammern, dass ohne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk doch die ganze kritische Distanz fehlen würde, der soll doch bitte kurz in sich gehen, in Gedanken die Kindermann’sche Langlaufstrecke in Dresden abschreiten – und sich überlegen, ob es nicht ehrlicher wäre, einfach die Klappe zu halten.

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Jürn Kruse
Ist heute: Redaktionsleiter bei Übermedien und freier Autor. War mal: Leiter des Ressorts tazzwei bei der taz. Davor: Journalistik und Politikwissenschaft in Leipzig studiert. Dazwischen: Gelernt an der Axel Springer Akademie in Berlin.
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3 Kommentare

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  • Danke für den Beitrag!

     

    Ich habe mich beim Lesen der lokalen Dresdner Tageszeitungen schon gewundert, weshalb nun gerade in DD ein Ski-Weltcup statt finden soll und vor allem auch kann. Was ist das denn für ein Wahnsinn? (Da können sie das auch gleich vom - gottseidank noch nicht wieder eröffneten - Fernsehturm aus machen.)

     

    Jetzt kenne ich wenigstens die Zusammenhänge der Machenschaften.

     

    Und warum sind die GRÜNEN in Dresden dafür? http://www.dnn.de/Dresden/Lokales/Gruene-verteidigen-Plaene-fuer-Ski-Weltcup-in-Dresden-gegen-Kritik

     

    Ich verstehe das alles nicht...

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Die kritische Distanz fehlt mir viel zu oft, wenn gerade im Wintersport eine sehr hohe Zahl Bundeswehr-, BGS- oder Bundespolizei-Mitarbeiter in den Kadern aktiv sind und als Sportpolizist*innen oder Sportsoldat*innen besonders etwa im Biathlon eine propagandistische Funktion erfüllen, die mich an die Stellung des Sports in der DDR erinnert.

     

    Desweiteren wünschte ich mir mehr kritische Distanz, wenn Sportler*innen als gesellschaftliche Führungspersonen auftreten, in Parteikadern zur Wahl aufgestellt werden oder wenn deren neueste Firmengründung an besonders ecponierter Stelle in der Sportschau kapitalistisch-propagansistisch besprochen wird. Sportler*innen Intelligenz pauschal abzusprechen, wäre falsch, aber sportliches Talent und Verbissemheit beim Training machen noch lange keinene klugen Kopf aus eine*m.

     

    Besonders viele kritische Äußerungen gibt es von Sportler*innen nicht und warum sollte jemand, der* es sich angewöhnt hat, zum eigenen Vorteil den Mund zu halten und niemandem auf die Füße zu treten, Vorbild in einer anderen Hinsicht sein, als was den Willen und das Durchsetzungsvermögen angeht?

     

    Reportern geht aber auch oft die kritische Distanz verloren, wenn sie ausrufen oder ansagen, Deutschland sei Weltmeister geworden, derweil ist es nur die deutsche Mannschaft gewesen.

    Aber prompt kann sich mit einem solchen Satz jeder Hanswurst und jede Gretel auch als Gewinner*in fühlen, als Bundespolist*in oder Sportsoldat*in, als Fußballheld*in oder Staffelläufer*in, die gerade gewonnen hat und damit ein Stück weit aus dem armen Hanswurst- oder Greteldasein entfliehen in ein leerstehendes deutschnationales Pfefferkuchenhäuschen, in dem noch das Fehlen trübe den Raum erfüllt, nachdem die Großmutter, die darin wohnte, als Hexe diffamiert und in den Ofen gesteckt wurde.

    Im Leipzig-Grünau meiner Kindheit und Jugend war es nach jedem verlorenen Fußball-Länderspiel deutscher Volksbrauch, dass Skinheads mit Baseballschlägern zum stacheldrahtumzäunten 'Asylantenheim' zogen.