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Kommentar Wahre FinnenNeonazis wittern Morgenluft

Reinhard Wolff
Kommentar von Reinhard Wolff

Mit der Regierungsbeteiligung der Wahren Finnen wird Rechtsradikalismus hoffähig. Der Koalitionspartner tut so, als ginge ihn das nichts an.

Timo Soini präsentiert ein wahres, ein finnisches Lächeln. Foto: reuters

G erade erst zwei Monate regieren in Helsinki die „Wahren Finnen“ mit. Und schon haben sie tiefe Spuren in der Politik hinterlassen. Angesichts ihrer Drohung, die frische Koalition gleich wieder platzen zu lassen, machte sich die finnische Regierung ja bekanntlich zum Handlanger für Schäubles Grexit-Strategie und reihte sich beim Kampf gegen ein solidarisches und demokratisches Europa in die vorderste Reihe ein.

Von einer Partei, deren Vorsitzender Timo Soini sein Verhältnis zu EU und Euro einmal mit „Ich will raus“ zusammenfasste, konnte man allerdings nichts anderes erwarten. Und weil die rechtsliberalen und konservativen Koalitionspartner selbst eine euroskeptische Schlagseite haben, hatte dieser Kurs ihnen auch keine großen Kopfschmerzen bereitet.

Anders sieht es jetzt aus beim Umgang mit dem Aufruf eines „Wahren Finnen“-Abgeordneten zum „Endkampf“ gegen den Multikulturalismus. Nun ernten die Mitte-rechts-Parteien die Früchte ihrer Koalition mit einem Partner, der keine Grenzen ziehen will, was menschenverachtende und fremdenfeindliche Hetze angeht.

Biedermann Soini denkt offenbar nicht daran, die Brandstifter in den eigenen Reihen in die Schranken zu weisen. Selbst bei Wiederholungstätern, die mit hasserfüllter Gewaltrhetorik spielen, ist er zu mehr als windelweicher verbaler Distanzierung nicht bereit. Was aber noch erschreckender ist: Auch Soinis Regierungspartner konnten sich bislang zu keiner handfesten Reaktion aufraffen.

Ministerpräsident Juha Sipilä und Finanzminister Alexander Stubb müssen sich fragen lassen, wie lange sie dazu beitragen wollen, dass Rassismus und Neofaschismus durch die Regierungszusammenarbeit legitimiert werden. Die Tausenden, die gegen diese Entwicklung auf die Straße gehen, haben den Zusammenhang verstanden. Aber die Neonazis, die am Samstag in einem Einkaufszentrum in Jyväskyla zuschlugen, scheinen weiterhin Morgenluft zu wittern.

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Reinhard Wolff
Auslandskorrespondent Skandinavien und das Baltikum
Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.
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3 Kommentare

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  • Geburtsort aller rassistischen und rechtsextremen Bewegungen/Parteien ist schwerpunktmäßig immer wieder Europa.

    Woher kommt das liebe "Demokraten"?!

    Und warum ist das so?

    Udn dann wollt ihr auch noch in andere Staaten euer Demokratieverständnis exportieren bzw. meistens mit Waffengewalt diese im Nahen Osten auch noch einführen?

    Seid ihr da nicht ein wenig heuchelerisch?

    • @Malcon Gandie:

      "Geburtsort aller rassistischen und rechtsextremen Bewegungen/Parteien ist schwerpunktmäßig immer wieder Europa. "

      .

      Da hast du aber ein ganz schön Europalastiges Gecshichtsbild.

      .

      Facshis(s)mus, Rassismus, Rechtsextremismus, gibt es leider welt weit.

      .

      Ist nur in "demokratsiceh Staaten, in denen es och rudimente von Freiheit, Recht usw. gibt sehr viel besser zu sehen.

      .

      Stand dein Namenspathe in seinem politischen Aspruch und handeln näher an Mussolini, Franko, Caetano oder näher an Washinton Jefferson, ....

      .

      السلام عليكم

      Effendi

  • "Mit der Regierungsbeteiligung der Wahren Finnen wird Rechtsradikalismus hoffähig." Wohl eher "in Finnland" oder "mal wieder", denn die politische Geschichte kennt bekanntlich reichlich "hoffähiges" Rechtsextremes.