Kommentar Wahl in Tschechien: Sieg für die jungen Tschechen

Der Sieger der Stichwahl in zwei Wochen steht bereits fest: Karel Schwarzenberg. Mit ihm werden die Tschechen ein Symbol des Wandels wählen.

Karel Schwarzenberg wird der neue Präsident der Tschechischen Republik werden. Das steht jetzt schon fest, obwohl die Stichwahl zwischen Schwarzenberg und seinem Widersacher Milos Zeman erst in zwei Wochen stattfinden wird. Doch der unerwartete und überwältigende Erfolg Schwarzenbergs im ersten Wahlgang zeigt, dass die Tschechen ihre Gesellschaft satt haben, sie wollen Veränderung. Schwarzenberg ist zum Symbol dieses Wandels geworden.

Es ist paradox. Ausgerechnet ein 75-jähriger adeliger Großgrundbesitzer mit komischem Akzent ist zum Hoffnungsträger der jungen tschechischen Generation geworden. Aber Schwarzenberg repräsentiert das, was sie und auch viele Ältere sich nach der Ära von Václav Klaus am meisten wünschen: Anständigkeit, Selbstbewusstsein und Offenheit. Und natürlich auch ein bisschen Noblesse. Da kann Schwarzenberg nuscheln, so viel er will, das ist ein Erfolgsrezept.

Seine Lebensgeschichte hebt ihn heraus aus der kleingeistigen Amigo-Politik, die im böhmisch-mährischen Kessel herrscht. Schwarzenberg entstammt dem bedeutendsten Adelsgeschlecht Böhmens, einem Haus, das schon immer den tschechoslowakischen Staat und die tschechoslowakische Staatlichkeit unterstützt hat. Eine Tradition, die auch Karel in gewisser Weise vom Exil aus weitergeführt hat, indem er tschechische Dissidenten unterstützte und zu ihrem internationalen Sprachrohr wurde. Schwarzenberg ist kein Tscheche. Er ist Böhme, ein Mitteleuropäer. Auch das ist wichtig.

Sascha Mostyn ist Autorin der taz.

Als Präsident wird Schwarzenberg keine Wunder vollbringen können. Dazu fehlen ihm die Vollmachten. Aber er wird das Erbe Václav Havels antreten, dessen Tod eine große Lücke in der tschechischen Gesellschaft gerissen hat. Und er dürfte für eine Erneuerung des politischen und gesellschaftlichen Tons in Tschechien sorgen. Weil er über dem politischen Klüngel steht. Weil er ein Staatsmann ist, das hat er in seinen sechs Jahren als Außenminister gezeigt.

Wenn Schwarzenberg verspricht, er werde dafür sorgen, dass Tschechien wieder das Herz Europas werde und Ehrlichkeit in die Politik komme, dann will man ihm das glauben. Es gibt ja keine Alternative zu ihm. Das Wahlvolk wird Schwarzenberg in zwei Wochen zum Nachfolger von Václav Klaus wählen. Und damit die Ära Klaus beenden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.