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Kommentar Wahl in SyrienDie nächste Farce

Kommentar von Beate Seel

Eine Präsidentenwahl im Bürgerkrieg abzuhalten, ist absurd. Baschar al-Assad will nur ein Zeichen setzen: Ich bin hier, um zu bleiben.

So tun, als wäre alles normal: Baschar al-Assad am Sonntag in einem christlichen Dorf bei Damaskus. Bild: ap

D er Sieger steht schon fest. Wenn am 3. Juni in Syrien die Präsidentschaftswahl stattfindet, wird der neue Amtsinhaber wieder Baschar al-Assad heißen. Die Frage ist nur, ob er seinem 2000 verstorbenen Vater Hafes das Wasser wird reichen können. Dieser heimste 1999 immerhin 100 Prozent der Stimmen ein, während sein Sohn ein Jahr später nur auf 99,7 Prozent und 2007 auf ganze 97,62 Prozent der Stimmen kam. In Syrien fanden unter den al-Assads noch nie demokratische Wahlen oder Referenden statt, wie die Farce bis zu einer Verfassungsänderung 2012 hieß.

Doch jetzt eine Wahl abzuhalten ist vollends absurd. Sicher, das Wahlvolk ist, zynisch gesagt, übersichtlicher geworden. Die über sechs Millionen Inlandsflüchtlinge werden kaum ihren Wahlkreis aufsuchen, um abzustimmen, genauso wenig wie die drei Millionen Auslandsflüchtlinge. Und viele von denen, die die Möglichkeit hätten, in der Botschaft ihres Landes wählen zu gehen, werden sich diesen Schritt zweimal überlegen.

Zudem kann in weiten Teilen des Landes gar keine Wahl abgehalten werden. Das gilt für von Aufständischen kontrollierte Regionen, belagerte und ausgehungerte sowie umkämpfte Orte – und sei es auch nur, weil die Infrastruktur dafür fehlt. So werden vermutlich auch dieses Mal wieder in den vom Regime kontrollierten Gebieten staatliche Angestellte an die Urnen gekarrt werden, um Normalität zu signalisieren.

Und genau darum scheint es Baschar al-Assad zu gehen: zu signalisieren, dass er die Lage fest im Griff hat, dass trotz über 150.000 Toten, unzähligen Verletzten und Foltertoten das normale Leben weitergeht, solange er das Sagen hat – selbst wenn es nur Fassade für einen Tag ist. Gleichzeitig ist die Abhaltung der Wahl eine Botschaft Assads an die internationale Gemeinschaft: Ich bin hier, um zu bleiben.

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4 Kommentare

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  • Hallo Redaktion der taz,

     

    danke für den guten Kommentar und der guten Syrien-Berichterstattung insgesamt!

     

    Vielleicht sollte aber für manche Kommentatoren noch eine Erläuterung ergänzt werden: „Wahlen“ haben etwas mit „wählen“ zu tun. Das ist ein Tätigkeitswort und besagt, dass Personen – nennen wir sie in diesem Fall Syrerinnen und Syrer – sich zwischen verschiedenen Optionen tatsächlich entscheiden können. Also nicht: „Baschar“, „Assad“ oder „Augenarzt“… sondern zwischen echten Alternativen. Meist verwendet man dafür der Einfachheit halber sogenannte Wahlscheine. Auf diesem kreuzt man seine Wahl einfach an. Und der Clou dabei: Bei einer demokratischen Wahl kann man das frei und geheim machen und man braucht sich hinterher vor niemandem zu rechtfertigen, was man angekreuzt hat, weil es nämlich ein Wahlgeheimnis gibt. Und noch besser: Es gibt nicht nur das aktive, sondern auch das passive Wahlrecht. Man darf nämlich nicht nur wählen, sondern sich auch wählen lassen. So richtig mit Wahlkampf und so. Und damit ein echter politischer Wettbewerb um die besten Ideen funktioniert, gehören dazu auch noch z.B. Meinungs- und Versammlungsfreiheit und noch vieles mehr.

     

    Und… hat das, was Assad macht, irgend eine Ähnlichkeit damit?

     

    Deswegen: Ohne den Sturz des Regimes nix Demokratie.

  • Sehr guter Kommentar. Danke an die taz. Es soll ja tatsächlich immer noch Leute geben, die glauben Assad wäre demokratisch gewählt worden. Tja.

    Ach ja, und noch etwas: Die Verfasser/innen der Leser/innen-Kommentare schreiben derart schablonenhaft, dass man mal wieder den Eindruck gewinnt, hier handele es sich um bestellte Beiträge. Syrian Electronic Army lässt grüßen?

  • Nun, dieser pööse Assad ist eben ein Schuft, wenn er Wahlen abhält; noch mehr ein Schuft wenn er keine Wahlen abhält. Da kann er machen was er will. Übrigens: in den Vorzeigedemokratien Saudi-Arabien und Katar, die Musterländer, denen wir so gerne unsere Panzer verkaufen, gibt es nie Wahlen; kein Problem aus Sicht der Taz; diese Länder bewaffnen übrigens die Islamisten und machen so den Terror in Syrien erst möglich. Ich habe mich gefragt, darum die westlichen Medien so unisono gegen die Wahlen in Syrien sind. Nur am Rande bemerkt: man könnte ja auch etwas dafür tun, dass es eine Chance für faire Wahlen gibt. Könnte es sein, dass befürchtet wird, die Mehrheit der Syrer könnte wirklich hinter Assad stehen? Doch ein Schuft, der so etwas denkt :-)

  • Er ist schon ein listiger Schlingel, dieser Assad. Lässt er mitten im Krieg Wahlen abhalten, wirft man ihm vor, es sei alles nur eine Farce zur Machtsicherung. Würde er hingegen bis zum Ende des Krieges - wann auch immer das sein wird - keine Wahlen abhalten, würde man ihm vorwerfen, dass er so lange im Amt bleibt, obwohl 2014 hätten Wahlen stattfinden müssen. Wenn man diese Anklagen erst mal vorformuliert hat, muss man nur noch in die richtige Schublade greifen, je nachdem, was der Feind macht. Es kann alles so schön einfach sein ...