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Kommentar Wahl in StuttgartSensation mit Ansage

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Fritz Kuhn passt zu Stuttgart. Zusammen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat er die Chance zu zeigen, dass auch Grüne hegemoniefähig sein können.

Passt zu Stuttgart: Fritz Kuhn. Er hat beste Chancen, OB zu werden. Bild: dpa

F ritz Kuhn wiederholt im Kleinen, was Winfried Kretschmann im Großen vorgemacht hat. Der altgediente Grüne, der im Bund schon fast jedes Parteiamt hatte, schickt sich an, Oberbürgermeister in Stuttgart zu werden. Gelingt Kuhn dies, hätte er eine Jahrzehnte währende, scheinbar betonierte Hegemonie der CDU aufgebrochen.

Ein grüner OB in der baden-württembergischen Landeshauptstadt – das wäre ein fast ebenso historischer Sieg der Grünen wie der bei der Landtagswahl 2011.

Kuhn nennt das Ergebnis nach dem ersten Wahlgang nur „einen Zwischenstand“. Doch er weiß genau: Sein Vorsprung gegenüber dem CDU-Kandidaten ist in der seit Menschengedenken konservativ regierten Stadt eine Sensation.

Und klar ist auch: Kuhns Sieg ist so gut wie sicher. Die WählerInnen der glücklosen SPD-Kandidatin werden sicher nicht plötzlich ins konservative Lager wechseln, sondern im Zweifel den Grünen unterstützen.

Anja Weber
ULRICH SCHULTE

leitet das Parlamentsbüro der taz.

Ebenso dürfte Kuhn noch einige Stimmen des chancenlosen Kandidaten der Stuttgart-21-Gegner einsammeln.

Bei der sich anbahnenden Revolution helfen Kuhn mehrere Faktoren. Die Landes-CDU hat sich von ihrer Machtimplosion bis heute nicht erholt, ihre depressive Stimmung strahlt bis tief in die Kommunalpolitik.

Außerdem blieb der Werbefachmann Sebastian Turner bisher blass. Viele Konservative verzichteten am Wahltag frustriert auf den Gang zur Urne.

Doch Kuhns Stärke erklärt sich nicht nur aus der Schwäche seiner Gegner. Womit wieder die Parallelen zwischen Kretschmann und Kuhn ins Spiel kommen. Beide verkörpern einen Politikertypus, der perfekt in die Zeit und besonders zu Baden-Württemberg passt.

Sie treten nüchtern, bescheiden und unprätentiös auf – Großmäuler goutieren die im besten Sinne strebsamen Stuttgarter nicht.

Beide sind zudem anschlussfähig für gutbürgerliche Schichten, die lange ausschließlich CDU wählten. Kuhn wirkt wie Kretschmann etwas spießig, er ist bei der Industrie- und Handelskammer heimischer als auf der Anti-AKW-Demo.

Ihm trauen die Leute zu, gut für den Daimler – und damit für sie selbst – zu sorgen.

Kuhn passt zu Stuttgart, so wie Kretschmann zu Baden-Württemberg passt. Beide haben nun die Chance zu beweisen, dass auch Grüne hegemoniefähig werden können.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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5 Kommentare

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  • L
    lowandorder

    "Beide sind zudem anschlussfähig für gutbürgerliche Schichten, die lange ausschließlich CDU wählten. Kuhn wirkt wie Kretschmann etwas spießig, er ist bei der Industrie- und Handelskammer heimischer als auf der Anti-AKW-Demo."

     

    Ge-nau: "… ist bei der IHK heimischer …" Da saren Se was - Herr Schulte!

    Davon konnte sich mein Freund und Sangesbruder, ausgewachsener LandesarbeitsgerichtsVorsitzender Richter aber so was von überzeugen.

    Bei einer Veranstaltung der Grünen bei Spätzles 'zur Schleifung des Kündigungsschutzes' - oder so ähnlich.

     

    Hatte doch Bierdeckel-Merz das sauerländische Jagdhorn angestimmt:

    " man käme ja eher aus 'ner Ehe heraus, als aus nem Arbeitsverhältnis."

    Der schwer erfahrene Herr Richter legte in seiner bekannt unaufgeregten Art dar,

    daß des ein ausgemachter Schmarrn sei - im Gegenteil.

     

    Ja und da, da hob der ausgewiesene Mittelstandschützer Fritze Kuhn aber derart das Jammern und Barmen an: …" ja …aber - die gefühlten Hemmnisse

    … im Kündigungsrecht!" - ?

    Kühl beschied ihn der Richter: für derartige, eher esoterische Gefühlsfragen sei er

    leider nicht zuständig und hergekommen!

     

    Also Sturgarder: läßt sich des Fritzche schon nicht vermeiden:

    immer was übers Maul(von mir ah), wann er wieder so daherred' oder gar handelt!

    Viel Glück mit ihm, werdet's brauchen.

  • M
    mackenzen

    hegemoniefaehig! aha! das bedeutet hier wohl: vollstaendige anerkannte sklaven des kapitals werden... kuhn sagt dazu: 'mit gruenen ideen schwarze zahlen schreiben' es gruent so gruen wenn schuttgarts gruene bluehen: bis einem schon ganz schlecht davon wird... der bahnhof kommt runter weil die gruenen oben bleiben wollen...

  • W
    westernworld

    das war kein kommentar das war wahlwerbung herr schulte.

     

    es ist eigentlich vollkommen wurscht wer da gewinnt. kuhn ist das selbe in grün genauso wie seine partei in baden-württemberg.

     

    als bewohner des mittleren neckarraums erwarte ich von einem ob kuhn dasselbe wie von einem ob schuster — eine weitere reibungslose umsetzung der kapitalverwertungsinteressen der hiesigen mafia.

    vielleicht hie und da ein zuckerle für die bionadebiedermeierklientel oder etwas symbolpolitik zur gewissensberuhigung, aber sonst …

     

    die grünen nutzten s21 geschickt aber ihr herz hängt nur an den fleischtöpfen.

  • A
    anke

    Mag ja sein, dass der Sieg dieses Herrn Kuhn eine Sensation wäre. Grund zum Jubeln ist er aber offenbar nicht. Wenn Ulrich Schulte nämlich recht hat mit seiner Vermutung, Stuttgarts Wähler würden sich einen "Hegemon" wünschen, der "gut für den Daimler – und damit für sie selbst – [...] sorgen wird, ist der grüne Lack, mit dem Kuhn von außen angestrichen ist, keinen einzigen Cent wert. Das nächste Mal (Bildung wird ja angeblich auch immer teurer und die Zeiten zwingen zum Sparen) wählen die "im besten Sinne strebsamen […] gutbürgerlichen Schichten" vielleicht braun. Einfach deswegen, weil man ihnen glaubhaft versichert hat, dass sie dann gute Untertanen eines guten Patriarchen sein können.

  • K
    KlausK

    Kuhns Vorteil und Turners Nachteil:

    Der eine ist Politiker, der andere Werbefachmann.

    Man kann davon ausgehen, dass die Stuttgarter lieber Politik für ihre Stadt wollen als irgenwelche flotten (Werbe-)Sprüche aus blassem Antlitz.