Kommentar Wahl in Österreich: Fesch verpackter Populismus
Kurz wird Kanzler – wohl mit der FPÖ. Eine Fortsetzung der SPÖ-ÖVP-Koalition wäre ein Selbstmordkommando. Der SPÖ bleibt nur die Opposition.
K onservativ ist wieder sexy. Das findet nicht nur die CSU in ihrem jüngsten Dekalog. Auch Österreich hat sich in den Wahlen am Sonntag für traditionelle Werte entschieden, fesch verpackt in modernes Outfit vom jungen Außenminister Sebastian Kurz.
Dass der Sieg mit rund 30 Prozent nicht so überzeugend ausgefallen ist, wie die Umfragen über Monate prophezeit hatten, dürfte am Medienhype liegen, der die Strahlkraft des Senkrechtstarters noch unwiderstehlicher erscheinen ließ. CNN feiert das „Austrian Wonderkid“. Die immer gleichen Stehsätze, die er im Wahlkampf abspulte – Zuwanderung ins Sozialsystem stoppen, Mittelmeerroute schließen –, dürften aber viele potenzielle Wählerinnen und Wähler gelangweilt und genervt haben. Dennoch haben diese Wahlen die österreichische Politlandschaft zutiefst verändert. Die strukturelle rechte Mehrheit ist deutlicher geworden.
Der SPÖ ist zwar der von vielen prognostizierte Totalabsturz erspart geblieben. Dass sie aber mit dem schlechtesten Ergebnis aller Zeiten nur knapp vor der FPÖ zu liegen kam, dürfte die kurze Politkarriere des abgewählten Kanzlers Christian Kern beenden.
Da das Wahlmotiv Veränderung bei Exit Polls noch vor der Furcht vor Zuwanderung genannt wurde, dürfte eine Fortsetzung der SPÖ-ÖVP-Koalition – wenn auch in umgekehrter Reihung – einem Selbstmordkommando gleichkommen. Alles spricht also dafür, dass die FPÖ von Heinz-Christian Strache zum Königsmacher wird. Da Sebastian Kurz seine Asyl- und Zuwanderungspolitik weitgehend von der FPÖ abgeschrieben hat und auch in der Wirtschaftspolitik die Überschneidungen groß sind, erscheint eine Neuauflage von Schwarz-Blau – diesmal in der Variante Türkis-Blau – als logische Folge.
Empfohlener externer Inhalt
Allein der Jubel, der im ÖVP-Lager aufbrandete, als das FPÖ-Ergebnis in der ersten Hochrechnung angezeigt wurde, deutet an, wo es hingehen wird. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat so viel Kreide gefressen, dass viele nicht mehr wahrnehmen, wie viele Rechtsextreme sich in der zweiten und dritten Reihe tummeln. Für die Sozialdemokraten ist nach diesem Wahltag alles andere als die Opposition nicht denkbar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Überraschende Wende in Syrien
Stunde null in Aleppo
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär