Kommentar Wahl in Finnland: Schönwetter statt Menschenrechte
Die rechtspopulistischen „Wahren Finnen“ drängen nach der Wahl am Sonntag an die Macht. Eine solche Partei hat in der Regierung nichts verloren.
A ngesichts von Flüchtlingskatastropen im Mittelmeer haben die „Wahren Finnen“ ein einfaches Rezept: Abschottung. Das Grundrecht auf Asyl möchten sie gern zu einer Schönwetterveranstaltung verkommen lassen, die davon abhängig ist, wie die wirtschaftliche Lage des eigenen Landes gerade aussieht. Und in ihrem nagelneuen einwanderungspolitischen Programm lehnt die Partei, die bei den Wahlen in Finnland am Sonntag zweitstärkste geworden ist, gleiche Werte für alle Menschen ab. Man will diese vielmehr je nach ihrer Herkunft unterschiedlich behandeln und separate Regeln in vielen Rechtsbereichen einführen.
Die EU-AußenministerInnen können womöglich demnächst Timo Soini, der als "Wahrer Finnen"-Vorsitzender oberster Repräsentant solch menschenverachtender und fremdenfeindlicher Politik ist, als neuen finnischen Kollegen in ihren Reihen begrüßen. Zwar steht nach der Wahl in Finnland zunächst nur die Person des künftigen Ministerpräsidenten Juha Sipilä fest. Doch der hat auf der Suche nach den mindestens zwei Koalitionspartnern, die seine Zentrumspartei für eine parlamentarische Mehrheit braucht, keine Berührungsängste mit Soini und dessen „Wahren Finnen“.
Im Gegenteil. Vertrauen werde das oberste Kriterium bei der Wahl seiner Regierungspartner sein, nicht Programmfragen, hat der neue Regierungschef vor wie nach der Wahl erklärt. Und in vier gemeinsamen Oppositionsjahren hat er offenbar eine feste Vertrauensbasis mit Soini aufbauen können.
Was den möglichen dritten Partner einer aufgrund des Wahlergebnisses nicht unwahrscheinlichen Mitte-Rechts-Rechtskoalition angeht, die Konservativen, werden die als Wahlverlierer wohl bereit sein, jede Kröte zu schlucken, nur um an der Macht zu bleiben.
Das Konsensusprinzip ist in der finnischen Politik traditionell stark ausgeprägt. Doch darf es auch völlige Prinzipienlosigkeit bedeuten? Eine Partei, deren Programmatik gegen grundlegende Menschenrechtsprinzipien verstößt, hat in der Regierung eines EU-Landes wahrlich nichts verloren.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau