Kommentar Waffenstillstand Ukraine: Viel PR und wenig Frieden
Präsident Poroschenko hat schon viel angekündigt, vorbei ist der Krieg in der Ukraine nicht. Seine Aussagen sind ambivalent. Frieden bringen sie nicht.
P jotr Poroschenko hat einen Waffenstillstand angekündigt. Endlich, möchte man meinen. Doch die Begleitumstände und die jüngsten Handlungen von Poroschenko zeigen, dass sich der ukrainische Präsident mehr um eine gute Berichterstattung als um ein tatsächliches Ende des Krieges bemüht.
Bereits kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten hatte Poroschenko ein Ende des Krieges innerhalb einer Woche versprochen. Außerdem, so hatte er angekündigt, wolle er nach Donezk reisen. Die Woche ist vorbei, der Krieg nicht. Mehrere hundert Menschen haben allein in der letzten Woche in der Ostukraine ihr Leben verloren. Und in Donezk wartet man immer noch auf den Präsidenten.
Poroschenkos angekündigter Waffenstillstand ist nur auf den ersten Blick ein einseitiger Schritt. Schließlich ist es ja nur Zweck des Waffenstillstands, den Aufständischen die Möglichkeit zu geben, die Waffen niederzulegen, den Söldnern Zeit zu geben, nach Russland zu verschwinden. Auf ein derartiges Kapitulationsangebot werden sich die Aufständischen im Osten der Ukraine kaum einlassen.
Besser als ein angekündigter Waffenstillstand ist ein Waffenstillstand, der bereits in Kraft getreten ist. Besser als ein heißer Konflikt ist ein eingefrorener Konflikt. In Transnistrien haben sich die lokalen Machthaber, Russland und die Republik Moldau geeinigt, dass sie sich nicht einigen können. Für weite Teile der Ostukraine wäre eine derartige Einigung nach dem Vorbild Transnistriens das Beste, was im Moment zu haben ist.
Ein Poroschenko, der immer häufiger die hässlichen Wörter von „Säuberung“ und „Liquidierung“ in seinen Reden gebraucht, der aber am Tag der Ankündigung eines Waffenstillstands auch den Ring um die Stadt Slawjansk verstärken will, kann seinem Land keinen Frieden bringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge