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Kommentar WachstumsprognosenMit Karacho in die Rezession

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Zeichen stehen auf Niedergang. Krisen machen offenbar nicht klüger. Die Bundesregierung setzt weiter auf neoliberale Konzepte.

Das Wachstum schrumpft und der Bundesregierung fällt nicht viel ein: Verladeterminal am Hamburger Hafen. Bild: reuters

D ie deutschen Exporte brechen weg – doch der Regierung fällt nichts ein. Die CSU will die geplante Frauenquote in den Aufsichtsräten verschieben, die CDU reaktiviert ihren obersten Neoliberalen Friedrich Merz, und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel beharrt auf der „schwarzen Null“ im Staatshaushalt.

Krisen machen offenbar nicht klüger. Stattdessen wird an der Legende festgehalten, dass es ein „deutsches Erfolgsmodell“ namens „Agenda 2010“ gäbe. Die Regierung hat zwar ihre Wachstumsprognosen zurückgeschraubt, geht aber für nächstes Jahr noch immer von einem Plus von 1,3 Prozent aus. Das wird nichts.

Die Zeichen stehen auf Rezession, denn Deutschland ist dumm genug, seine besten Kunden in die Krise zu treiben. 40 Prozent der deutschen Ausfuhren gehen in die Euroländer, doch die Bundesrepublik weigert sich beharrlich, ein Konjunkturpaket für die Eurozone mitzutragen.

Eine Rezession in Deutschland wird drei Folgen haben. Erstens: Die „schwarze Null“ im Haushalt verflüchtigt sich, weil die Steuereinnahmen wegbrechen. Zweitens: Hektisch wird man jene Konjunkturprogramme auflegen, die jetzt tabu sind. Allerdings ist zu befürchten, dass nicht der Staat die Kredite aufnimmt. Denn es muss bei der Fiktion bleiben, dass die Staatsverschuldung schrumpft. Stattdessen könnte es dubiose Investitionsprojekte geben, von den Versicherungen finanziert, die dann Extraprofite vom Staat kassieren. Genial, nur nicht für die Steuerzahler.

Drittens: Wie in jeder Krise dürften die Unternehmen steuerlich entlastet werden, damit sie investieren. Dieser Ansatz funktioniert zwar nicht, weil Firmen nur expandieren, wenn die Nachfrage stimmt. Aber das ist egal. Es bleibt seltsam: Neoliberale Theoriemodelle haben die Krise ausgelöst – und ausgerechnet sie triumphieren.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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3 Kommentare

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  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Neoliberalismus ist keine ökonomische Theorie. Es ist eine moralische Überzeugung basierend auf einer Mischung aus elitärer Denkweise und darwinistischen Ansichten bzgl. der Ökonomie. Wie jede Ideologie wird es oft durchgezogen allein aus Prinzip.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Sehe ich genauso. Der Neoliberalismus wird nicht scheitern, nur weil er für einen Großteil der Bürger negative Konsequenzen hat. Eher im Gegenteil: Sein Erfolg beruht darauf, dass ihn die Eliten stützen, weil er deren Geldbeutel füllt.

  • Was schlägt die Redakteuerin vor: Das französische Modell, das US-amerikanische Modell, das britische Modell? Mehr Schulden machen? Wer bezahlt das dann?