Kommentar Volkskongress China: Endlich!
Mehr Umweltschutz, weniger Wachstum: Die Führung der Volksrepublik China schlägt den richtigen Weg ein – aus reiner Not.
D as wurde auch Zeit. Chinas scheidender Premierminister Wen Jiabao kündigt zum Auftakt des Nationalen Volkskongresses an, die Führung werde künftig nicht mehr einseitig auf Wachstum setzen und damit auf den Bau von noch mehr Industrieanlagen, Autos und Wolkenkratzern. Sozial- und Umweltprogrammen würden nun Priorität eingeräumt. Endlich.
Chinas Führung hat erkannt, dass dauerhaft doppelstellige Wachstumsraten nicht notwendig zu einem schönen Leben führt. Zugegeben: Hätte es das rasante Wirtschaftswachstum der vergangenen zwei Jahrzehnte nicht gegeben, wären nicht so viele Menschen der Armut entkommen - mehr als eine halbe Milliarde Menschen. Doch auch Wachstum hat Grenzen. Und die sind in der Volksrepublik mehr als überschritten.
Längst zeigen sich die negativen Folgen: Gewässer sind verseucht, kostbarer Ackerboden verbaut oder vergiftet. In den vergangenen Wochen lebten in China an einigen Tagen bis zu 800 Millionen Menschen unter einer dichten Smogdecke. Viele denken an Auswanderung – zumindest die, die es sich leisten können. Und das sind häufig jene, auf die eine funktionierende Volkswirtschaft angewiesen ist.
ist China-Korrespondent der taz.
Die Ankündigung der Führung, einen Gang herunter zu schalten, ist gar nicht so sehr einem größeren Umweltbewusstsein geschuldet. Die Führung handelt aus Not. Außerdem: Für eine so gigantische Volkswirtschaft sind einstellige Wachstumsraten alles andere als ein Einbruch.
Ein Anstieg der Wirtschaftsleistung um 7,5 Prozent für 2013 bedeutet noch immer ein Plus von fast 4 Billionen Yuan (493 Milliarden Euro). Zum Vergleich: 2010 wuchs Chinas Wirtschaft mit 10,3 Prozent doppelstellig ebenfalls um 4,1 Billionen Yuan. Das Wachstum 2013 fällt also gar nicht geringer aus als im Boomjahr 2010.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei