Kommentar Vergabe der Fußball-EM 2024: Menschenrechte verrechnet
Bei der EM-Vergabe triumphiert Deutschland. Kein Wunder: Der Konkurrent hieß Türkei, da konnte selbst der DFB nicht verlieren.
Die helle und die dunkle Seite der Macht im deutschen Fußball – zuordnen müssen Sie aber selbst Foto: Reuters
Deutschland hat vom europäischen Fußballverband erstmals den Demokratiepreis im schweizerischen Nyon verliehen bekommen. So könnte man überspitzt die Vergabe der Fußball-Europameisterschaft 2024 vom Uefa-Exekutivkomitee an Deutschland interpretieren.
Schließlich wurde der Gegenkandidat, die Türkei, von vielen Beobachtern bereits vorab vor allem aufgrund der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen des Erdoğan-Regimes als nicht vermittelbar disqualifiziert. Auch von der Uefa gab es deshalb im Evaluierungsbericht schlechte Noten.
Als vor gut einem Jahr die Uefa bekannt machte, man wolle die Menschenrechtslage bei der Gastgeberauswahl seiner Turniere zu einem entscheidenden Kriterium machen, bemerkte deren Präsident Aleksander Čeferin: Die Verteidigung der Menschenrechte habe für die Uefa höchste Priorität.
Geraten jetzt also autoritäre Regime wie Russland und Katar beim Buhlen um sportliche Großereignisse ins Hintertreffen? Mitnichten. Die ökonomisch instabile Lage in der Türkei dürfte den Ausschlag gegeben haben.
Eine Win-win-Situation
Die Euro 2024 in Deutschland verspricht für die europäischen Fußballverbände größere Profite. Sie handeln weiter wie Wirtschaftsunternehmen und nicht wie Menschenrechtsorganisationen. Wenn sich allerdings ökonomische Gewinne noch mit menschenrechtlicher Unbedenklichkeit kombinieren lassen, ist das eine Win-win-Situation. Eine Chance, die bei der Wahl für Russland und Katar so nicht gegeben war.
Die Versuche in der Türkei, auf die rassistischen Begleiterscheinungen bei der Özil-Affäre und auf das unsägliche Verhalten von DFB-Präsident Grindel zu verweisen, blieben wirkungslos. Der Mann, der den Rücktritt von Özil aus der Nationalmannschaft und viel mehr noch die abnehmende Integrationskraft des deutschen Fußballs mitzuverantworten hat, geht gestärkt aus dieser Wahl hervor.
Grindel hat mit seiner Prognose, dass diese Affäre sich bei der Entscheidung nicht negativ auswirken wird, recht behalten. Die Uefa-Funktionäre mögen sich wie Amnesty-International-Aktivisten gebärden. Am Ende zählen andere Dinge.
Kommentar Vergabe der Fußball-EM 2024: Menschenrechte verrechnet
Bei der EM-Vergabe triumphiert Deutschland. Kein Wunder: Der Konkurrent hieß Türkei, da konnte selbst der DFB nicht verlieren.
Die helle und die dunkle Seite der Macht im deutschen Fußball – zuordnen müssen Sie aber selbst Foto: Reuters
Deutschland hat vom europäischen Fußballverband erstmals den Demokratiepreis im schweizerischen Nyon verliehen bekommen. So könnte man überspitzt die Vergabe der Fußball-Europameisterschaft 2024 vom Uefa-Exekutivkomitee an Deutschland interpretieren.
Schließlich wurde der Gegenkandidat, die Türkei, von vielen Beobachtern bereits vorab vor allem aufgrund der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen des Erdoğan-Regimes als nicht vermittelbar disqualifiziert. Auch von der Uefa gab es deshalb im Evaluierungsbericht schlechte Noten.
Als vor gut einem Jahr die Uefa bekannt machte, man wolle die Menschenrechtslage bei der Gastgeberauswahl seiner Turniere zu einem entscheidenden Kriterium machen, bemerkte deren Präsident Aleksander Čeferin: Die Verteidigung der Menschenrechte habe für die Uefa höchste Priorität.
Geraten jetzt also autoritäre Regime wie Russland und Katar beim Buhlen um sportliche Großereignisse ins Hintertreffen? Mitnichten. Die ökonomisch instabile Lage in der Türkei dürfte den Ausschlag gegeben haben.
Eine Win-win-Situation
Die Euro 2024 in Deutschland verspricht für die europäischen Fußballverbände größere Profite. Sie handeln weiter wie Wirtschaftsunternehmen und nicht wie Menschenrechtsorganisationen. Wenn sich allerdings ökonomische Gewinne noch mit menschenrechtlicher Unbedenklichkeit kombinieren lassen, ist das eine Win-win-Situation. Eine Chance, die bei der Wahl für Russland und Katar so nicht gegeben war.
Die Versuche in der Türkei, auf die rassistischen Begleiterscheinungen bei der Özil-Affäre und auf das unsägliche Verhalten von DFB-Präsident Grindel zu verweisen, blieben wirkungslos. Der Mann, der den Rücktritt von Özil aus der Nationalmannschaft und viel mehr noch die abnehmende Integrationskraft des deutschen Fußballs mitzuverantworten hat, geht gestärkt aus dieser Wahl hervor.
Grindel hat mit seiner Prognose, dass diese Affäre sich bei der Entscheidung nicht negativ auswirken wird, recht behalten. Die Uefa-Funktionäre mögen sich wie Amnesty-International-Aktivisten gebärden. Am Ende zählen andere Dinge.
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Fußball
Kommentar von
Johannes Kopp
taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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Johannes Kopp