Kommentar Verfassungsschutzbericht: Wo bleibt die Empathie?
Durch den Fokus auf islamistische Anschläge tritt rechtsextreme Gewalt in den Hintergrund. Die gesellschaftliche Empörung fehlt.
Die brutalen Anschläge der letzten Woche wollten erneut Angst und Furcht verbreiten“, sagte Innenminister de Maizière bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2014. Die Zahl der radikalislamischen Salafisten in Deutschland sei auf 7.000 Personen angewachsen. Kein Sicherheitsexperte mag weitere Anschlagsversuche in Deutschland für die Zukunft ausschließen.
Die bereits vorhandene alltägliche Bedrohung geht darüber unter: Die Übergriffe und Anschläge von rechtsextremen und/oder rassistischen Tätern. Im vergangenen Jahr stiegen diese um fast 24 Prozent – auf 990. „Hass und Gewalt gegenüber Flüchtlingen und Asylbewerbern sind beschämend“, fand der Innenminister zwar, eine Standardfloskel zur deutschen Normalität – ohne politischen Nachhall.
Keiner der jüngsten Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte löste eine gesamtgesellschaftliche Empörung aus. Fehlt die Empathie, weil die Betroffenen nicht aus der weißen Mehrheitsgesellschaft kommen? Dann hätte sich trotz der Debatten um den NSU wenig geändert.
Immerhin soll die Zahl der Rechtsextremen rückläufig sein. Doch für einen Faustschlag gegen Nicht-deutsch-Aussehende oder einen Brandsatz in eine Flüchtlingsunterkunft genügt es, ein „Ja-aber“-Rassist oder ganz gewöhnlicher Deutscher zu sein. In Escheburg zündelte ein biederer Steuerbeamter.
Seit Jahren gehen Opferberatungen übrigens von weit höheren Zahlen aus. Erst am Wochenanfang zeigte eine Überprüfung von „Altfällen“ durch das Moses-Mendelssohn-Zentrum, dass in Brandenburg 18 Menschen durch rechtsextreme Gewalttaten starben, doppelt so viel wie bisher angenommen. Um wie viel Prozent sind die rechten Gewalttaten also wirklich gestiegen?
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