Kommentar VS in Thüringen: Infozentrum statt Landesamt
Angesichts der vielen Fehler des Verfassungsschutzes in Thüringen reißt die Debatte um Strukturänderungen nicht ab. Der beste Vorschlag kommt von der Linkspartei.
D ie Thüringer Verfassungsschutzaffäre hat eine personelle und eine strukturelle Seite. Was sich während der Amtszeit von Präsident Helmut Roewer in den neunziger Jahren abspielte, eignete sich für eine Verfilmung im Stile von Monty Python - hätten für die NSU-Ermittlungspannen nicht Menschen mit ihrem Leben bezahlen müssen.
Wichtiger als die Aufarbeitung einer wohl einmaligen Geheimdienstära sind Fragen nach der künftigen Organisation und Struktur eines Verfassungsschutzes. Die zurzeit erwogene Zusammenlegung von Landesämtern ist nicht der Weisheit letzter Schluss.
Einesteils könnten zwar bewusste oder fahrlässige Desinformationen so eher vermieden werden. Andererseits stellt sich die Frage, ob eine solche Superbehörde nicht noch leichter zur Verselbständigung neigt und ob sie nicht noch schwerer zu kontrollieren ist. Der Kompromiss der regierungstragenden Fraktionen CDU und SPD wird wahrscheinlich auf ein Thüringer Landesamt hinauslaufen, dessen Befugnisse schärfer umrissen sind und das von einer nicht mehr ganz so zahnlosen Parlamentarischen Kontrollkommission beaufsichtigt wird.
Bemerkenswert ist, dass Grüne und Linke den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel nicht in toto verdammen. Aber eben nicht mehr in einem selbstherrlichen Amt, sondern unter der strengen Fuchtel des Innenministeriums.
Insofern besticht der Gesetzentwurf der Linksfraktion, anstelle des Landesamts ein Dokumentations- und Informationszentrum zu errichten, das sozusagen den wissenschaftlichen und archivierenden Bereich des Verfassungsschutzes übernimmt. Jedermann könnte sich dann über Erkenntnisse aus der Naziszene informieren. So könnte Thüringen sogar Modell für andere Länder sein.
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