Kommentar Urteil zu Neonazi-Vater: Ein bemerkenswertes Urteil
Im Fall des Neonazis Markus Privenau hat das Verfassungsgericht einen Trend gebrochen und das Besuchsrecht entzogen. Der Einzelfall muss zählen.
D arf ein geschiedener Neonazi seine Kinder sehen? Nein, entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht und kassierte damit ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom vergangenen Sommer. Das hatte damals einen begleiteten Umgang des Vaters mit seinen Kindern angeordnet.
Es geht nicht um irgendeinen Fall, es geht um die privat wie politisch aufgeladene „Causa Privenau“: Markus Privenau ist aktiv in der rechtsextremen Szene, seine Ex-Frau und Mutter der drei Kinder, Tanja Privenau, war es auch mal. Seit sie 2005 aber - begleitet von einer Aussteigerorganisation und den Medien - der Szene den Rücken gekehrt hat, wechselte sie mehrfach Wohnorte und Identitäten. Aus Furcht vor Racheakten.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht ist bemerkenswert: Es hat im Sinne der Mutter entschieden, also sich eindeutig auf eine Seite der streitenden Parteien geschlagen. Nun kann man dem Bundesverfassungsgericht keineswegs vorwerfen, besonders mütterfreundlich und vaterfeindlich zu sein. Im Gegenteil: Es hat sich in den vergangenen Jahren für mehr Väterrechte stark gemacht.
ist Redakteurin im Inlandsressort der taz und verantwortlich für Genderthemen.
Seitdem ist es hierzulande gängige Praxis, dass Eltern von Scheidungsanwälten und Gerichten aufgefordert werden, sich um jeden Preis zu einigen. Begründet wird das stets mit dem Kindeswohl: Ein Kind habe das Recht auf beide Eltern. Das ist richtig. Aber ist es gut fürs Kindeswohl, wenn sich Mutter und Vater bis aufs Messer streiten? Und das vielleicht jahrelang?
Der Beschluss zeigt auch: Es lohnt sich, den Einzelfall genau zu betrachten. Nicht nur in diesem Fall, der eine besondere politische Dimension hat. Wenn auch bei „normalen“ Prozessen um Sorge- und Umgangsrecht jedes Mal genau geprüft würde, wäre das Kindeswohl mehr gestärkt als es momantan propagiert wird.
Das könnte zum Beispiel auch heißen, dass subtile Übergriffe wie psychische Gewalt als „Tatbestand“ angesehen werden. Denn ein Elternteil, dass sich vom anderen bedroht fühlt, ist nicht in jedem Fall stark für sein Kind. Auch das ist nicht gut fürs Kindeswohl.
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