Kommentar Übernahme Hochtief: "Gute" und "schlechte" Spekulanten

Recht günstig kommt der Baukonzern ACS an die stillen Reserven von Hochtief heran. Warum dürfen die Spanier das? Eine besonders seltsame Antwort hat die SPD gefunden.

Achtung, die Heuschrecke kommt! Der spanische Baukonzern ACS erdreistet sich doch tatsächlich, die deutsche Konkurrenz Hochtief zu übernehmen. Das Motiv ist auch recht schnöde: ACS will schlicht Kasse machen mit diesem Deal. Kühl haben sich die Spanier ausgerechnet, dass Hochtief mehr wert sein muss, als es der niedrige Aktienkurs nahe legt. Und Geld können die Spanier gut gebrauchen: ACS ist hoch verschuldet, während Hochtief fast schuldenfrei ist.

Billig kommt also ACS an die stillen Reserven von Hochtief heran. Warum dürfen die Spanier das? Diese empörte Frage haben vor allem die Sozialdemokraten aufgegriffen. Sie haben sogar eigens einen Gesetzentwurf erarbeitet, um solche Übernahmen künftig zu erschweren.

Die SPD setzt dabei auf Abschreckung: Es soll teurer werden, eine Aktiengesellschaft aufzukaufen. Die technische Lösung kann hier nicht erläutert werden, denn sie führt tief ins Aktienrecht hinein. Aber die Kernidee der SPD ist einfach: Eine Übernahme wird immer dann zu kostspielig, wenn die bisherigen Aktionäre von den Kurssprüngen profitieren dürfen, die eine Bieterschlacht auslöst.

Anders formuliert: Für die Sozialdemokraten gibt es gute und schlechte Spekulanten. Gut sind die jetzigen Hochtief-Aktionäre. Schlecht sind die Aktionäre von ACS. Dies ist eine seltsame Sicht auf die Börse. Auch die jetzigen Hochtief-Aktionäre haben ihre Papiere nicht gekauft, um altruistisch Gutes zu tun. Auch sie wollten und wollen Rendite sehen.

Sie hatten nur das Pech, dass andere Anleger die Hochtief-Zukunft nicht so optimistisch sahen und der Börsenkurs derart dümpelte, dass ACS nun billig zuschlagen kann. Die Spanier waren also weitsichtiger - warum sollten sie dafür bestrafen werden?

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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