Kommentar US-Wirtschaftskrise: Obama in der Klemme
Bei der Sozialversicherung zu sparen, wäre Obamas größter Fehler. Denn der Graben zwischen Arm und Reich ist schon jetzt breiter als in manchem Dritte-Welt-Land.
D en Zahlen zufolge ist die Lage der USA nicht rosig. Einerseits ist da eine Armee von mehr als 15 Millionen Arbeitslosen - die offizielle Arbeitslosenquote ist gerade wieder auf 9,2 Prozent gestiegen. Andererseits befindet sich die Staatsverschuldung mit 14,3 Billionen Dollar (rund 10 Billionen Euro) ebenfalls auf einem Höchststand.
Doch die USA sind noch lange nicht pleite. Im Gegenteil: die großen Konzerne - allen voran die der Mineralölbranche - machen in diesen "Krisenzeiten" Rekordgewinne. Das politische Dilemma ist, dass jene Stimmen Oberhand gewonnen haben, die Niedrigsteuern und einen "kleinen Staat" zum Dogma gemacht haben. Diese rechten RepublikanerInnen haben die Kontrolle über die Debatte. Sie setzen die Themen. Sie treiben die andere Seite vor sich her.
Gegenüber den simplen Argumenten der rechten SteuerstürmerInnen, die im vergangenen November die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobert haben, wagt es in den USA kaum noch jemand in der Politik, positiv von Sozialpolitik, Gesundheitsversorgung oder Umweltpolitik zu sprechen.
Zuletzt hat selbst das Weiße Haus durchsickern lassen, dass Präsident Barack Obama zu Zugeständnissen bei der Sozialversicherung bereit sei, um die Schulden zu senken.
Nichts wäre falscher. Schon jetzt ist die soziale Absicherung in den USA im Vergleich zu anderen Industrieländern ein schlechter Witz. Weitere Einsparungen würden den Graben zwischen Arm und Reich, der schon jetzt tiefer und breiter ist als in manchen Dritte-Welt-Ländern, noch unüberwindlicher machen.
Anstatt mit dem republikanischen Chef des Repräsentantenhauses Golf zu spielen und hinter verschlossenen Türen Verhandlungen zu führen, täte Obama gut daran, sich an seine Wurzeln, an seine politische Basis und sein Programm zu erinnern. Die Arbeitslosen sind ein Riesenproblem. Wenn Obama außerdem sozialpolitisch in der Defensive bleibt, kann er die Wahlen im nächsten Jahr nicht gewinnen.
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