Kommentar US-Wahl und Russlands Hack: Bumerang für die CIA
Die CIA ist auf weltweite Wahlmanipulation spezialisiert. Jetzt wirft sie Russland vor, Trump an die Spitze gehackt zu haben. Was fehlt, sind Beweise.
M oskau sei schuld. Die russische Regierung habe Donald Trump als Präsident gewollt und dafür im Wahlkampf der USA getrickst und gehackt. Diese Aussage treibt das politische Washington um und sorgt für öffentlich diskutierte Revanchegedanken gegen Russland. Die Quelle ist eine Institution, die wissen müsste, worum es geht: Die CIA ist seit Jahrzehnten auf Regimestürze, auf Wahlmanipulationen und auf anderes geheimes Vorgehen gegen demokratische Prozesse in aller Welt spezialisiert.
Damit war sie – vom Iran über Guatemala und Vietnam bis Haiti – auf oft tragische Weise erfolgreich. Wenn Geheimdienste anderer Länder genau diese Methoden in den USA einsetzen, klingt das wie die Geschichte von einem Bumerang, der an den Ort zurückkehrt, von dem er losgeschickt wurde.
Doch das Problem ist, dass niemand weiß, ob die aktuelle Geschichte überhaupt stimmt. Bislang gibt es lediglich Behauptungen und Hypothesen, keine Belege. CIA-Leute äußern sich höchstens anonym. Und es gibt einen konkurrierenden „Dienst“ in den USA, das FBI, der bezweifelt, dass Russland ein Motiv gehabt habe, Trump zu unterstützen.
Die Konkurrenz zwischen den beiden großen „Diensten“ in den USA ist legendär. Nun hat sie zusätzlich wahltaktische Bedeutung. Denn die CIA hat Hillary Clinton unterstützt, während FBI-Direktor James Comey dafür gesorgt hat, ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben. Unbewiesene Behauptungen aus Geheimdiensten haben schon Kriege ausgelöst. Dass sie jetzt in Washington erneut einen derart hohen Stellenwert haben, spricht Bände über die Befindlichkeit des politischen Washingtons.
Die Demokratische Partei tät sich selbst und ihrem Land einen Gefallen, wenn sie endlich damit anfangen würden, ihre eigenen Fehler zu analysieren, daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen und sich auf die Opposition gegen den angehenden Präsidenten zu konzentrieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“