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Kommentar US-SchuldenstreitPunktsieg der Ultras

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Boehner hat die Kontrolle über seine eigene republikanische Mehrheit verloren. Im Windschatten der Schuldendebatte haben die rechten Ultras gepunktet.

I m US-Schuldenstreit zwischen Barack Obama und den Republikanern prallen derzeit zwei gegensätzliche Visionen von den USA aufeinander. Die eine ist die von einem - wenngleich im Vergleich zu Europa immer noch minimalistischen - fürsorglichen Staat, der es als seine Aufgabe ansieht, für Bildung, Gesundheitsversorgung, Umweltschutz und akzeptable Wohnbedingungen zu sorgen.

Die andere hat einen Schrumpfstaat zum Ziel, der all diese Aufgaben den Selbstregulierungskräften der Wirtschaft überlässt.

Seit Beginn der Amtszeit von Barack Obama sind diese beiden Visionen bei allen wichtigen politischen Debatten hart aufeinandergeprallt: beim Rettungspaket für die Banken, bei der Gesundheitsreform, bei der Klimapolitik und bei den zaghaften Versuchen, die Finanzmärkte zu regulieren. In allen Auseinandersetzungen waren die Fronten unversöhnlich, war der Stil hasserfüllt.

Manfred Bartsch
DOROTHEA HAHN

ist USA-Korrespondentin der taz.

Bei der gegenwärtigen Schuldendebatte ist jetzt eine dritte Front entstanden. Sie verläuft zwischen dem traditionellen Establishment der Republikanischen Partei, zu dem unter anderem ihre Fraktionschefs im Kongress gehören, und den Abgeordneten der radikal rechten Tea Party, von denen die meisten erst im November in den Kongress gewählt worden sind.

In der Nacht zum Freitag hat die radikal rechte Tea Party im Repräsentantenhaus gegen ihren Chef rebelliert. Erfolgreich. In ihrer ersten Amtszeit im Kongress haben die "Freshmen" den Speaker - den (nach Präsident und Vizepräsident) drittstärksten Politiker in den USA - mit einer Gesetzesvorlage auflaufen lassen. Als er erkannte, dass er nicht die nötige Mehrheit bei den Seinigen bekommen würde, sagte Speaker John Boehner die Abstimmung ab.

Boehner bekommt nun am eigenen Leib und in der eigenen Funktion den geballten Hass der Tea Party zu spüren, der sich zuvor hauptsächlich gegen Präsident Obama entladen hat: von Hitler- und Stalin-Vergleichen über das ressentimentgeladene Verlangen nach einem Geburtszertifikat bis hin zum Wort "Lügner", mit dem nie zuvor ein amtierender Präsident der USA im Kongress bezeichnet worden ist.

Boehner, der als vor Glück weinender Sieger aus den Halbzeitwahlen hervorgegangen war, hat die Kontrolle über seine eigene Mehrheit verloren. Im Windschatten der Schuldendebatte haben die rechten Ultras gepunktet - die Fundamentalisten für den kleinen Staat.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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4 Kommentare

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  • BG
    Bernd Goldammer

    @ Heinz Brunzke

    Gut auf den Punkt gebracht. Diese Spannungen in der US-Gesellschaft sind erst der Anfang. Sie werden ansteigen und dadurch der Weltwirtschaft sehr schaden. Sind die US-Staaten überhaupt noch legitimiert, eine Führungsrolle in der Welt zu spielen? Jesus sagte: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als das ein Reicher in den Himmel kommt. Die schwerreichen Medienbesitzer lassen jetzt laut aufschreien. Doch sie werden in der US Demokratie viel zu wenig geschröpft! Mehr noch: Sie haben Riesenanteile der US- Wirtschaft so nach ihren Bedürfnissen gestaltet, dass sie die Steuergelder der Armen für Rüstungsdreck und Lügenkriege auffressen. Eine solche Entwicklung hat noch keine menschliche Zivilisation lange ausgehalten. Denn Leuten dämmert es. Endlich!

  • M
    Martin

    "Die rechten Ultras" - wen genau meint die Korrespondentin hiermit? Meint sie die Frankfurt Hooligan Ultras? Die Ultras in der syrischen Armee, die alle Aufstände und Demonstrationen im liebsten mit Giftgas niedermorden würden? Nein, sie meinte eine Partei, deren "Ultra-Sein" sich darauf beschränkt, zu fordern, dass der Staat der Mittelschicht nicht weiterhin über 65 % ihres hart erarbeiteten Einkommens wegnimmt, um es in sinnlosen Kriegen und für die unvorstellbaren Beamten-Gehälter auszugeben. Und das ist ein "Ultra"? Ich glaube, die taz-Mitarbeiter sind so weit von der Realität weg, da ist selbst jeder mit einer grünen Haarsträhne ein wilder Rebell und jeder mit einem Schlips ein ganz böser Kapitalist.

     

    Ganz weit weg von der Wirklichkeit, dieser Artikel.

  • S
    Saperlot

    die tea-party als rechtes sammelbecken in den usa mit ihrem kapital-darwinismus ist nur die ideologische spitze des abstrusen "american-way-of-life"-eisbergs, der in einem ozean von wohlstandsträumen durch ungezügelte "freiheit" der marktmächte schwimmt. die milliarden-gewinne mit stürzenden volkswirtschaften machen dann wieder die nadelstreifler, die auf steigende anleihenzinsen auf den "freien" märkten wetten und nebenbei tea-partys sponsern. es wär zum lachen, wenn`s nicht zum heulen wäre, wie wir stimmvieh der kollektiven illusion von "freiheit" hinterherlaufen -

    blind vor angst, taub vor selbstbetrug und stumm vor dummheit.

  • HB
    Heinz Brunzke

    Springer, RTL, CDU und die amerikanischen Koch-Brüder haben schon lange erkannt: Wer die Blöden für sich einnimmt, regiert die Welt.