Kommentar US-Geheimdienste: Snowden wird Obamas Helfer
Obamas Beliebtheitswerte sind im Keller. Jetzt nutzt er die Geheimdienstreform als parteiübergreifendes Projekt, um nach vorne zu kommen.
A m Ende kann Obama Edward Snowden noch dankbar sein. Der US-Präsident hat seine Chance erkannt. Er wendet die Debatte über Big Brother zu seinem Nutzen. Der NSA-Eklat war für ihn zunächst ein lästiger Kriegsschauplatz neben all den vielen Baustellen seiner unseligen zweiten Amtszeit. Und Obama konnte ihn noch nicht einmal auf den üblichen Gegenwind der Republikaner zurückführen.
Obamas Beliebtheitswerte sind im Keller: Nur noch 44 Prozent der US-Bürger sind laut Umfragen mit ihm zufrieden. Seine Gesetzesvorhaben sind im Kongress blockiert. Mit der Einwanderungsreform kommt er nicht weiter. Der Haushaltsstreit wird ihn im September wieder einholen. Noch ist unklar, wie Obama seine Regierung bezahlen wird, wenn die Republikaner ihn – wie angekündigt – vor die Wand fahren lassen. Selbst sein Vorzeigeprodukt, die Gesundheitsreform, stagniert.
Einzig das Terrain der nationalen Sicherheit lässt Obama Spielraum. Die Schließung der 19 US-Botschaften aus Angst vor einem Terrorangriff hat ihm von allen Seiten ebenso viel Beifall eingebracht wie die kalte Schulter für Russlands Präsident Putin.
ist Journalistin in Washington.
Jetzt hat Obama erkannt, dass er die Geheimdienstreform als parteiübergreifendes Projekt nutzen kann, um einen Schritt nach vorn zu tun. Bis an die äußeren Ränder – bei Linken wie Ultrakonservativen – steigt aus unterschiedlichen Motiven das Verlangen, das Recht auf geschützten Raum des Einzelnen wiederherzustellen. Die Rechten wollen möglichst keinen Staat und auf keinen Fall einen Überwachungsstaat.
Und Obamas linke Demokraten von der West- und Ostküste machen sich Sorgen um Amerikas Bürgerrechte. Dafür bekommen sie in der Bevölkerung viel Applaus. Den kann sich Obama nun holen – mit Snowdens Hilfe.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung