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Kommentar UN-Resolution zu SyrienAssad muss verlieren

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Viele Konfliktparteien finden, Assad sollte bei den nächsten Präsidentschaftswahlen nicht mehr antreten. Doch damit würde eine Chance verspielt.

Baschar al-Assad: Wie bekommt man ihn zum Machtverzicht? Foto: dpa

I n fast allen Medienberichten über den vom UNO-Sicherheitsrat beschlossenen Friedensfahrplan für Syrien heißt es, die zentrale ungelöste Streitfrage sei die künftige Rolle von Präsident Assad. Das ist falsch.

Tatsächlich herrscht zwischen den für eine Beendigung des Syrienkrieges hauptrelevanten Staaten USA, Russland, Saudi-Arabien, Iran und Türkei längst ein informeller Konsens, dass Assad spätestens bei den für Mitte 2017 anvisierten Präsidentschaftswahlen nicht mehr antreten soll.

Die gemeinsame Forderung aller syrischen Oppositionskräfte nach einem früheren Rückzug Assads hat derzeit vor allem die Funktion, die massiven Differenzen untereinander zu verdecken: Weder über die Zusammensetzung der Oppositionsdelegation für Verhandlungen mit der Regierung herrscht Einigkeit, noch über das in der UNO-Resolution formulierte Ziel eines multikulturellen, multireligiösen, aber säkular regierten Syrien.

Als noch größeres Hindernis für die Umsetzung des Friedensfahrplans könnte sich allerdings erweisen, dass kein verhandlungsbereiter und für die Opposition akzeptabler Vertreter der Regierung zu finden ist, solange Assad im Amt und sein Machtapparat intakt ist.

Assad sollte kandidieren

Dann wäre allerdings zu überlegen, wie der Präsident so schnell wie möglich zum Machtverzicht bewegt werden könnte. Selbst das Angebot eines sicheren Exils und einer strafrechtlichen Immunität sollte dann nicht mehr tabu sein – wenn tatsächlich, wie von Washington bis Peking beteuert wird, die oberste Priorität die Beendigung des grausamen Bürgerkrieges mit inzwischen über 260.000 Toten sowie 13 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen ist.

Die politisch vor allem für die innersyrische Aufarbeitung dieses Krieges beste Variante wäre allerdings eine andere: Assad darf bei den nächsten, tatsächlich freien, geheimen und mit echten Gegenkandidaten durchgeführten Präsidentschaftswahlen erneut kandidieren – und verliert.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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4 Kommentare

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  • Zitat: „Die politisch vor allem für die innersyrische Aufarbeitung dieses Krieges beste Variante wäre allerdings eine andere: Assad darf bei den nächsten, tatsächlich freien, geheimen und mit echten Gegenkandidaten durchgeführten Präsidentschaftswahlen erneut kandidieren – und verliert.“ Das ist eine ausgezeichnete Idee, die ja schon im Iran funktioniert hat. Man könnte dieses Verfahren ja probeweise vorher schon mal in Saudi-Arabien und den übrigen Golf-Diktaturen, Jordanien, Ägypten, Kuwait, Marokko usw., d. h. allen anderen Darling-Staaten des Westens in dieser Region anwenden. Es würde seine Wirkung auf das syrische Volk sicher nicht verfehlen...

  • Immer das gleiche alte Lied: so hat das Drama angefangen und weitaus mehr Menschen das Leben gekostet als Assad in seiner ganzen Regierungszeit.

     

    Und natürlich gibt es auch keine Alternative, es sei denn man möchte Al-Qaida-Pest und ISIS-Kopfabschneidern die Regierung überlassen. So wie in Livyen.

  • Assad muss weg, weil er ein Diktator ist? Würde jedes Staatsoberhaupt vom Format eines Assads sein Amt aufgeben müssen, wäre ein Großteil der Länder dieser Welt ohne Regierungsoberhaupt. Und zu eventuellen Wahlen: Wahrscheinlich würde Assad die Wahl sogar gewinnen, weil seine Gegner zerstritten sind und zum Teil wahnsinnige Vorstellungen von einem neuen Syrien haben. Von absoluter Intoleranz bis zu religiös fundamentalistischen Vorstellungen ist alles vertreten.

  • Endlich einmal ein Kommentar zu Syrien, der Demokratie und das Selbstbestimmungsrecht der Syrer betont. Dabei ist doch klar, dass der Westen Assad nicht wegen seiner Verbrechen weg haben will, sondern dass mit Assad auch der Einfluss Russlands in Syrien verdrängt werden soll.

    Die Sache mit der Immunität ist schwierig. Bezogen auf den Syrienkrieg wäre das natürlich ein guter Schritt. Allgemein wäre es aber fatal, wenn wir den schlimmen Diktatoren Immunität gewähren. Wir würden die Rechtfertigung verspielen, die nicht ganz so schlimmen Diktatoren vor Gericht zu stellen. Ebenso wäre es komisch, Assad nicht anzuklagen aber dann seine Minister vor Gericht zu stellen. Wir würden sogar einen neuen Anreiz schaffen, dass andere Diktatoren ggf. noch brutaler vorgehen, damit sie ebenfalls in den Genuss einer Immunität kommen. Auch gegenüber den Opfern wäre das ein schlechtes Signal.