Kommentar UN-Mission im Südsudan: Blauhelme allein reichen nicht
Eine Kommandeursentlassung ist noch keine Antwort auf die Frage, wie Zivilisten im Krieg geschützt werden können. Offensives Eingreifen ist nötig.
W as macht eine UN-Blauhelmmission, wenn verzweifelte Menschen zu Hunderttausenden bei ihr Schutz suchen und sie nicht die Mittel dafür hat? Wenn in einem Bürgerkriegsland die Kriegsparteien Friedensverträge und Menschenleben nicht respektieren? An dieser Frage ist die UN-Mission im Südsudan (Unmiss) gescheitert. Dieses Versagen wurde jetzt benannt und das führt zu personellen Konsequenzen.
Gemessen daran, dass das System der Vereinten Nationen eigene Fehler so gut wie nie eingesteht und Untersuchungen noch immer die Ausnahme sind, ist das zu begrüßen. Aber die Entlassung eines Blauhelmkommandeurs ist noch keine Antwort auf die Grundsatzfrage, wie Zivilisten mitten im Krieg geschützt werden können.
UN-Missionen mit Blauhelmen sind keine homogenen Streitkräfte. Sie stammen aus aller Welt und sind ein Kaleidoskop unterschiedlicher politischer Kulturen, Militärdoktrinen und Einsatzkonzepte. Sie sind daher für offensives Handeln eher ungeeignet. Aber angesichts gezielter Angriffe auf Zivilisten ist offensives Eingreifen zwingend notwendig. Eine UN-Mission, die das nicht leisten kann, wird zum Teil des Problems, nicht der Lösung.
Der erste Schritt zu einer Lösung müsste also in der Bereitschaft bestehen, robuste Eingreiftruppen zu stationieren, die rasch aktiv werden, ohne die Schwerfälligkeiten der UN-Kommandoketten. Solche Eingreiftruppen gibt es bei anderen großen afrikanischen UN-Missionen – Kongo, Zentralafrika, Mali –, nicht aber im Südsudan und auch nicht im sudanesischen Darfur. Nicht alles, was solche Eingreiftruppen tun, ist sinnvoll. Aber wo es sie gar nicht erst gibt, zahlen Zivilisten einen hohen Preis.
Deutschland ist Teil der Unmiss. Die Bundesregierung hat ausgerechnet jetzt diesen Einsatz verlängert. Warum stößt Deutschland keine Debatte über die Zukunft dieses UN-Einsatzes an? Jetzt wäre genau der richtige Zeitpunkt dafür.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben