piwik no script img

Kommentar UN-Bericht zum GazakriegRecht haben reicht nicht

Kommentar von Susanne Knaul

Die israelische Armee lässt sich nicht gern in die Karten gucken, auch wenn sich der Boykott immer wieder als kontraproduktiv entpuppt.

U m-schmum, soll Israels erster Regierungschef David Ben-Gurion einst verächtlich die UNO genannt haben. Der miese Ruf, den die Vereinten Nationen zu Zeiten Ben-Gurions in Jerusalem hatten, ist bis heute derselbe. Dass das so ist, hat gute Gründe.

Richard Goldstone, Chef der Untersuchungskommission zum Gazakrieg, sagt selbst, dass niemand die einseitig antiisraelische Geschichte des UN-Menschenrechtsrats bezweifeln solle. Allein ein Blick auf die Mitgliedsstaaten kann den Judenstaat nichts Gutes erwarten lassen. Trotzdem war es ein Fehler der Israelis, die Untersuchung zu boykottieren.

Das israelische Verhalten ist das eines kleinen Jungen, der findet, dass er unschuldig ist, dies aber aus mangelndem Vertrauen zu den Instanzen niemandem mitteilt und erst dann losschreit, wenn er bestraft wird. Aus Mangel an Informationen, die ihm nur die israelische Seite hätte liefern können, so Goldstone, sei er zu den Ergebnissen in seinem Bericht gekommen.

Bild: privat

SUSANNE KNAUL ist Nahost-Korrespondentin der taz.

Man kann es ihm nicht verübeln. Dort, wo man mit ihm kooperierte, nämlich im Fall des vermissten Soldaten Gilad Schalit, dessen Vater vor der Kommission vorsprach, bewertet Goldstone seine Untersuchung weiterhin weder als einseitig noch als antiisraelisch.

Es war vor allem der israelische Verteidigungsapparat, der auf die Bremse drückte. Die Armee lässt sich nicht gern in die Karten gucken, auch wenn sich der Boykott immer wieder als kontraproduktiv entpuppt: So geschehen bei dem "Massaker" 2002 im Flüchtlingslager von Dschenin, bei dem Monate später der UN-Bericht die Zahlen der Armee präzise bestätigte, und genauso nach dem Marine-Desaster im letzten Mai bei den Vorgängen rund um den Gaza-Konvoi auf der "Mavi Marmara". Wer ein faires Verfahren will, muss auch bereit sein, sich dem Gericht zu stellen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • B
    Boris

    Danke Thomas:

    Das Verhalten Israels ist die eines reifen Erwachsenen, der die Hoffnungen seiner Jugend zwar nicht vollkommen aufgeben will, sich die Ungebrochenheit dieser Hoffnungen durch die Erfahrungen, die er in seinem Leben gemacht hat, aber hat nehmen lassen -- Knauls Verhalten gleicht demhingegen dem eines Pubertierenden: in vollendeter Selbstgerechtigkeit muss demjenigen, der ihm aufgezeigt hat, dass seine Meinung einfach nicht der Realität entspricht, als inferior und infantil gebrandmarkt werden, damit die eigene Erhabenheit auf ewig weiter ihre Blüten treiben kann.

     

    ...bis man dann beim nächsten "Massaker" wieder schreien kann, weil jegliche Irritation, die vielleicht zur Vorsicht, zur Bedachtsamkeit oder Ähnlichem gemahnt haben könnte, so konsequent abgewehrt wird, dass eben auch das "Recht haben" des "Kindes" und das eigene Unrecht haben nicht mehr ausreicht, beim nächsten Mal einfach mal zu überdenken, was man denn gerade wieder über das Kind zu berichten/zu blöken "weiß".

  • F
    Florentine

    Diese "Wende" zu reflektieren, bleibt auch der taz und Frau Knaul nicht verwehrt.

  • T
    Thomas

    ----

    Wer ein faires Verfahren will, muss auch bereit sein, sich dem Gericht zu stellen.

    ----

     

    Das macht aber nur Sinn, wenn er auch ein faires Verfahren erwarten kann. Das ist bei einer politischen Institution wie der UNO nicht zu erwarten.