Als ich begann mich für das politische Weltgeschehen zu interessieren, kristallisierte sich für mich nach kurzer Zeit, dass die TAZ, die Zeitung ist, die mir an nahesten steht (oder ich Ihr?).
Nicht zu letzt wegen Kommentarem wie diesem hat sich das geändert.
Bei diesem "Eklat" geht es vorranging nicht um die Aussagen von Herrn Peres oder Herrn Erdogan. Es geht darum, was man unter einer akzeptablen Diskussionskultur versteht. Für mich ist ein Teil solcher, dass Teilnehmer die von anderen Beteiligten angesprochen werden auf die vorgebrachten Aussagen oder Fragen ausführlich antworten dürfen. Vor allem stellt sich für mich die Frage, warum ein Staatsmann bei einer Diskussion mehr Redezeit bekommen sollte als ein anderer Staatsmann.
In allen Medien wird behauptet, Erdogan hätte sich in Rage geredet. Wenn man sich die Aufzeichnung der letzten 5 Minuten der Diskussionsrunde ansieht erkennt man jedoch, dass Erdogan zwar sichtlich erregt, aber doch eher ziemlich bestimmt und überzeugt Auftritt, und nicht verwirrt und überdreht, was m.E.n. eher auf einen Menschen in Rage zutrifft. Er gerät erst in Rage, als der Moderator Ihm widerholt ins Wort fällt.
Wenn man in den Sequenzen der letzen Minuten genau hinhört, hört man wie der Moderator sagt, "people wonna go to lunch" oder ähnlich. Erdogan bittet um eine Minute oder paar Minuten mehr Redezeit, über ein Thema, dass mindestens genau so aktuell ist, wie die Finanzkrise. Ich finde das Verhalten des Moderators einfach Respektlos. In diesem Saal sitzen ein Haufen Leute die gespannt sind, was die Redner zu sagen haben. Ich glaube diese wären durch eine Verzögerung um einige wenige Minuten nicht verhungert. Kein Wunder, dass Herr Erdogan unter diesen Umständen nicht bereit ist, weiter an einer Diskussion teilzunehmen. Außerdem wollte dieser sicherlich auch lieber zum Mittagessen. :-)
Auch finde ich den Vorwurf Erdogan bediene sich antisemitischer Ressentiments ein wenig falsch dargestellt. Erdogan verurteilte seit Tag 1 des Angriffs der Israelis auf die Palästinenser die Geschenisse auf Schärfste. Sicherlich zieht dass auch verblendete ideologisch vernarrte Antisemiten an, nur soll er deswegen nicht die Sicht aus seiner Perspektive beschreiben?
Ich bin auch Türke. Kein Erdogan anhänger. Ich finde seine neolibarale Wirtschaftspolitik auf lange Sicht einfach katastrophal. Ob sie mir nun glauben oder nicht, seitdem die AKP in der Türkei regiert, kann jeder mehr und mehr machen was er will, solange er nicht andere in ihren Rechten verletzt. Ich hätte nicht gedacht, dass ein konservativier Politiker (ja kein Islamist, kein Fundamentalist, sondern schlicht und einfach konservativer Politiker) die Gesellschaft liberalisieren würde.
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