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Kommentar Tierschutz in NiedersachsenDer lange Arm der Landwirte

Andrea Maestro
Kommentar von Andrea Maestro

Ministerin Barbara Otte-Kinast sollte Missstände in der Landwirtschaft bekämpfen anstatt Tierschützer anzugehen.

Tierschutzverstöße im Kreis Diepholz: Dieses Foto machte die Tierrechtsorganisation PETA Foto: dpa

B arbara Otte-Kinast hätte nicht deutlicher machen können, wie sie ihr Amt versteht. Die Landwirtschaftsministerin von Niedersachsen ist der neue lange Arm der konventionellen Landwirte. Erst schwächt sie den Tierschutzplan, weil diese ganzen Auflagen für die Bauern ganz schön aufwendig und teuer sind, jetzt zielt sie auf Tierschützer ab. Die nämlich gehen den Bauern mit ihren nächtlichen Stallbesuchen und dem ständigen Missstände-Aufdecken schon lange auf die Nerven. Otte-Kinast – selbst Milchviehhalterin – hilft da gern.

In den vergangenen zwei Monaten hatten gleich zwei Gerichte solche Videoaufnahmen für legitim erklärt, nämlich das Oberlandesgericht Naumburg in Sachsen-Anhalt und der Bundesgerichtshof. Ein Hausfriedensbruch kann berechtigt sein, wenn dadurch Tierschutzverstöße aufgedeckt werden, unter denen die Hühner, Schweine und Rinder leiden. Doch diese Urteile ignoriert die Ministerin komplett

Klar, kann man argumentieren, dass die Veterinärämter für die Überprüfung der Ställe zuständig sind. Aber offensichtlich machen die Behörden diesen Job nicht sonderlich gut. Sonst gäbe es die entlarvenden Videoaufnahmen ja nicht in so schöner Regelmäßigkeit.

Ohne die heimlichen Aufnahmen wäre gar das Bewusstsein für Tierschutz in der Gesellschaft ein völlig anderes. Die Massentierhaltung könnte sich erfolgreich hinter hohen Zäunen verschanzen und hübsche Naturbildchen auf ihre Produkte kleben. Veterinäre machen die Verstöße, auf die sie stoßen, nicht öffentlich, sondern weisen nur die Bauern an, diese zu beheben. Woher also sollten die Verbraucher wissen, wie die Realität in den Ställen aussieht?

Das Engagement der Tierschützer kommt deshalb dem Gemeinwohl zugute. Eine Ministerin, die sich nicht nur als Lobbyistin der Landwirte versteht, sondern die Verbraucher im Blick hat, sollte Tierschützer nicht kriminalisieren oder ihren Vereinen die Gemeinnützigkeit aberkennen. Sie sollte Konsequenzen aus den aufgedeckten Missständen ziehen.

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Andrea Maestro
Redaktionsleiterin taz.nord
War bis Dezember 2022 Redaktionsleiterin der taz nord. Davor Niedersachsen Korrespondentin der taz. Schwerpunkte sind Themen wie Asyl und Integration, Landwirtschaft und Tierschutz.
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10 Kommentare

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  • Wochen-, monatelang auf angebliche Missstände mit der Kamera draufhalten und nichts unternehmen, Tierquälereien abzustellen, hat genau WAS mit Tierschutz zu tun? Denn das ist, was die Tierrechtler machen. Bzw. nicht machen.

     

    Und keiner in Medien und Öffentlichkeit hinterfragt dies. Geht es um Tiere? Oder um Aufmerksamkeit, Reichweite, Klicks, Spenden?

     

    Was auch nie geschieht (außer in Fachblättern) ist, die vielen Landwirte, die zu Unrecht an den Pranger gestellt wurden, zu rehabilitieren.

     

    Was PETA betrifft: Es scheint sich auch bei der taz noch nicht herumgesprochen zu haben, dass gerade PETA nicht die allerbeste Adresse ist für Tierschutzfragen. Mal "PETA kills animals" googeln. Und dabei bitte nicht verdrängen, dass die Tierrechtler Menschen und Tiere gleichstellen wollen. Aber obdachlose Tiere töten statt sie in Heimen unterzubringen oder zu vermitteln. Was für ein Tierbild! Und was für ein Menschenbild!

    • @HauDieLandwirtschaft:

      Was sollen die Tierschützer denn machen? Den Stall sprengen?

       

      Es ist doch so, dass Deutschland nichts für Tierschutz tun will, weil dieser Staat durch und durch rechts ist.

       

      Tierschutz gibt es nur, wenn man damit Einwanderern etwas verbieten kann: Das Verbot Hundefleisch zu essen, oder die regelmässigen Diskussionen über das Schächten.

      • @Eike:

        Anzeige erstatten. So schnell kann der Landwirt gar nicht piep sagen, wie die Behörden auf dem Hof stehen. Im Zweifelsfall die Polizei rufen.

        • @HauDieLandwirtschaft:

          Sie haben noch nie Anzeige erstattet, oder?

          Das läuft hier in Deutschland in etwa so ab:

          Die Sachlage ist glasklar, man hat alle Fakten gesammelt und erstattet Anzeige.

          Es passiert erst einmal GAR NICHTS.

          Ein, zwei Monate später meldet sich die Staatsanwaltschaft – schriftlich – und möchte noch ein paar Fragen beantwortet wissen, die sich eigentlich schon aus der Anzeige ergeben. Sie reichen die Antworten (erneut) nach und dürfen nun wieder ein paar Monate warten ...

          Am Ende erhalten Sie dann einen Schrieb von der Staatsanwaltschaft, wonach die Sache wegen *selten dämliche Standardbegründung hier einsetzen* eingestellt wurde. ;-)

  • Was soll man von der schwarzen Kassen Partei anderes erwarten?

     

    Bewahrt wird bei diesen "Konservativen" wenn überhaupt der Zufluss von finanziellen Erträgen in die eigene Parteikasse oder die der Lobbyklientel.

  • Darf man künftig auch im Wohnzimmer des Nachbarn versteckte Kameras installieren, weil damit ja möglicherweise aufgedeckt werden könnte, dass dieser seine Kinder schlägt?

    • @Harald Müller:

      Natürlich. Wer seine Kinder foltert muss schnellstens in den Knast!

    • @Harald Müller:

      Kommt sicher ganz drauf an, wem man die Frage stellt und an welche Sorte Richter man nachher gerät.

       

      Das Problem mit der Privatsphäre ist doch, dass auch sie missbraucht werden kann. Im Stall genau so, wie im Kinderzimmer. Zum Beispiel von Leuten, die ihre eigenen Probleme nicht vernünftig lösen, sondern die daraus erwachsenden Aggressionen nur an Unschuldigen bzw. Schwächeren auslassen. Wenn man gegen solche Leute etwas tun will, muss man sie erst mal "überführen". Und das geht nicht mit Unterstellungen, sondern nur mit "knallharten Beweisen".

       

      Das Problem daran wiederum ist, dass auch Möchtegern-Helfer Menschen sind, die sich irren können und Aggressionen los werden müssen. Tierschützer leben ja nicht auf einer insel der Glückseligen. Sie leiden genau so unter den Umständen wie Bauern. Von solchen Leuten aber lassen sich Menschen einfach nicht gerne eines Besseren belehren. Sie erwarten nämlich völlig zu recht, dass sie ihnen bei der Lösung ihrer Probleme nicht helfen werden. Menschen, die leiden, müsden zunächst erst mal sich selbst helfen. Echte Lösungen - in dem Fall für das Problem der zu niedrigen Preise und der zu großen Konkurrenz - haben leider auch die Tierschützer nicht. Die bauern wissen das und reagieren entsprechend.

       

      Merke: Feindschaften sind mist. Die Einstellung "meine Lösung - dein Problen" ist nirgendwo hilfreich. Im Kinderzimmer nicht und auch nicht im Stall. Wer wirklich etwas ändern und nicht nur selber (emotional) profitieren will, der sollte besse nicht spitzeln, sondern kooperieren. Aber dazu müsste er natürlich überzeugen können, nicht nur seine Kamera bedienen.

    • @Harald Müller:

      Meinen Sie, die Tiere stören sich an den Kameras?

  • 3G
    33293 (Profil gelöscht)