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Kommentar TierschützerEs stinkt

Kommentar von Svenja Bergt

Wenn die Industrie kein Interesse hat, der Verbraucher knausert und die Politik schläft, ist die Arbeit der Tierschützer die einzige Chance, die Qual der Tiere zu beenden.

Svenja Bergt

ist Redakteurin im Wirtschaftsressort der taz.

S chlimm sind die Szenen, die Tierrechtsaktivisten mit Videokameras in Ställen von Massentierhaltern aufnehmen. Tiere, denen vor dem Transport in den Schlachthof Knochen gebrochen werden, die im Stall ohne Wasserversorgung liegen, ohne medizinische Behandlung, und nein, damit ist nicht die regelmäßige Gabe von Antibiotika gemeint.

Doch schlimm ist auch, dass die Politik nicht in der Lage oder nicht willens ist, etwas dagegen zu unternehmen. Denn die Bilder der Aktivisten zeigen nicht nur das Elend der Tiere. Sie zeigen auch: Quälende Haltung scheint sich zu lohnen. Das Risiko, entdeckt zu werden, ist gering, und falls es doch dazu kommt, reichen die Sanktionen nicht, um einem Betrieb wirtschaftlich ernsthaft zu schaden.

Natürlich ist die Misshandlung von Tieren auch eines der Symptome der Massentierhaltung, der Logik, nach der möglichst viele Tiere auf möglichst wenig Raum möglichst schnell zum Stück Fleisch für den Teller verarbeitet werden sollen. Es ist ebenso ein Symptom wie die Antibiotikaresistenzen, die regelmäßig wiederkehrenden Skandale über Schadstoffe im Fleisch, die Umweltverschmutzung und der Gestank, der bis in den weiten Umkreis der Ställe zu riechen ist. Dass ein solcher Stall für jemanden, der Massentierhaltung noch nie aus der Nähe gesehen hat, meist schon ohne zusätzliche Misshandlungen nach Tierquälerei aussieht, zeigt: Es genügt nicht, gegen die Symptome vorzugehen.

Doch wenn die Industrie kein Interesse hat, der Verbraucher knausert und die Politik schläft, ist tatsächlich die Arbeit der Tierschützer die einzige Chance, die Qual der Tiere zu beenden. Wenn sie den Verbraucher erreichen und dieser wenigstens ab und zu den Ekel über den Geldbeutel siegen lässt, dann haben die Aktivisten geschafft, was die Politik versäumt. Das wäre ein großartiger Erfolg. Und gleichzeitig ein Armutszeugnis für alle, die einfach nur zuschauen.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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20 Kommentare

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  • A
    Agris

    @IJoe

    Wieter unten über "Tierrechtsfanatiker" schimpfen und dann Neuland als positives Beispiel anführen, zeugt schon von enormer Unkenntnis.

     

    Neuland ist u.A. ein Partner des Deutschen Tierschutzbundes, also genau dieser angeblichen Fanatiker. Neuland ist eben genau als Alternative zur Massentierhaltung eingeführt worden. Interessant, dass jemand wie Sie auffordert sich über Massentierhaltung zu informieren, selbst aber augenscheinlich uninformiert ist.

     

    @Enzo Aduro

    Das Volk hat schon oft gezeigt, dass es grausame Behandlung von Tieren in der Mehrheit ablehnt (vgl. u.A. die damalige Diskussion bzgl. des Tötens der Robben). Dort, wo die tatsächlichen Zustände der Mssentierhaltung bekannt sind, wäre mir neu, dass eine Bevölkerungsmehrheit für diese Haltung eintritt, deshalb bitte Quelle für Ihre Behauptung. Ansonsten enthält Ihr empathieloser Beitrag nichts diskussionswürdiges.

  • T
    Tina

    @Enzo

     

    Ahaaa....und für welchen Schalchtbetrieb arbeitest du?

     

    Was du da sagst, ist totaler Quatsch!

    Ich selber lebe zwar vegan, aber ich habe mehr Freunde, die Fleisch konsumieren, als Veganer. Und die halten sich mit dem Fleischkonsum immer mehr zurück, weil sie mittlerweile wissen, was abgeht. Es ist also absolut nicht so, dass man nichts erreichen kann, indem man dem Konsumenten deutlich macht, was für ekelhafte Dinge sie da unterstützen.

  • T
    Tierfreund

    Wer die Tiere nicht ehrt, ist ein Menschlein- und nichts wert! Und je weiter man in den Süden reist,mehren sich die Menschlein. "Die Krone der Schöpfung", scheint die Krone im Arsch zu tragen.

  • I
    IJoe

    @jack: Man kann in keine Firma der Welt einfach so reingehen und sich mal überall umschauen. Allerdings, wenn man fragt (habe ich getan), bekommt man durchaus Zutritt. Jemand, der sauber arbeitet, hat damit kein Problem. Schau dir mal Neuland-Betriebe an, kannst zuschauen.

    @deedaa: albernes Psychologisieren interessiert nun gar niemanden.

    @jim: nur ein Beispiel: such mal bei meedia.de nach "Wiesenhof".

  • J
    Jo.

    @Jim:

     

    Du kritisierst, dass hier keine Links/Quellenangaben auftauchen? Ich kann dir ganz einfach erklären, woran es liegt. Es ist ein Kommentar punkt.

  • EA
    Enzo Aduro

    Das Volk will einfach keine Tierrechte. Das ist eine legitime Entscheidung. Die Tierrechtler sollten das einsehen.

     

    Und Tiere schnell auf Gewicht zu bringen ist ja wohl allzu moralisch. Das Tier verbraucht ja schon genug Pflanzenkalorien pro Tierkalorie.

     

    Hygiene könnte man auch erreichen, indem endlich die Mechanische Trennung (Käfighaltung) wieder legaler wird.

     

    Ich sehe jedenfalls nicht ein, warum das Volk immer den Preis für ein paar Tierempathiker bezahlen sollen.

  • JM
    Jost Maurin

    @IJoe:

    Ihre Fragen werden in der heutigen taz-Printausgabe beantwortet und auch hier:

    http://www.taz.de/!91156/

  • PC
    Philipp Conrady

    @IJoe:

    Sie schrieben: "Weiterhin wäre es auch mal angebracht, sich über "Massentierhaltung" zu informieren."

     

    Daraus entnehme ich, dass sie das getan haben und würde mich über ihre Erkenntnisse darüber freuen. Können sie mir sagen,

    dass nicht 40-50 Millionen männliche Küken jedes Jahr alleine in Deutschland lebendig vergast bzw. gehexelt werden?

    Oder können sie mir sagen, dass es nicht stimmt, dass zwischen der Geburt und dem Hähnchenschenkel nur ca. 40 Tage liegen?

     

    Man könnte die Liste immer weiter führen. Um es abzukürzen: Was sind ihre neuen Daten, Fakten über die Massentierhaltung in Deutschland?

     

    Mfg,

     

    Philipp Conrady

  • R
    Rafa

    Ich bin mir sicher, dass wenn ich heute einen Hund an den Hinterbeinen aufhänge, ihm mit einem Eisenrohr auf den Kopf schlage und ihm dann die Kehle aufschlitze, ich binnen weniger Minuten von einem aufgebrachten Mob gelyncht werde oder die Polizei mich verhaftet. Aber bei Rindern, Schweinen und anderen "Nutztieren" ist es erlaubt und richtig. Damit alle ihre täglichen Tierkadaverportionen auf den Teller bekommen. DAS ist Doppelmoral. DAS ist totale Ignoranz. Ist das genug hinter fragt?

  • J
    Jim

    @Assisi: Dein eigenes Konsumverhalten hinterfragst du nicht? Hilft nur der Ruf nach der Politik, nach mehr Kontrolle von Seiten des Staates?

     

    "Eine Partei der Tierschützer im Bundestag wäre eine Lösung."

     

    Wäre, hätte, sollte... hohle Phrase, nichts weiter. Es GIBT bereits eine Tierschutzpartei, dann mach entweder deine EIGENE und führe die in den Bundestag oder TRITT in die existierende ein und mach was. Nee wa, sollen die anderen mal machen und du gehst vielleicht und machst'n Kreuzchen, alles andere ist zuviel des Guten..

     

    @Tierrechte: Faschoveganer wie du kennen auch nur diesen einen Weg. Dass man aber auch Fleisch konsumieren kann zB aus eigener Schlachtung, Tiere isst von denen man weiß wie sie aufwachsen etc kommt dir nicht in den Sinn, richtig? Nein, nur du hast recht und alle müssen vegan leben, wie du du DU.

     

    @IJoe Wenn die Taz schon völlig linkfrei arbeitet, setze du doch ein paar um deinen Beitrag zu untermauern. Ohne Quellen kann man gar nix von dem glauben, was hier und woanders tagtäglich geschrieben wird. Jeder halbwegs verstandesbegabte Mensch weiß das.

     

    @Edith Müller: Na denn seien Se mal froh, dass nicht jeden Tag über Hungersnöte und HIV-Katastrophen usw aus der Welt berichtet wird, sonst wären Sie wohl nur noch besorgt.

    Zeigt aber auch Ihr Erinnerungsvermögen auf, wenn sie durch derlei Artikel aufgeschreckt werden...

     

    @Sven Berger: Die Hoffnung stirbt zuletzt!

  • G
    gesche

    die Macht der KonsumentInnen: tierleidfrei konsumieren.

    Vegan geht einfacher, als die meisten denken, es gibt inzwischen unzählige Produkte, die Jogurt, Würste usw. ersetzen.

    Viele Zivilisationskrankheiten werden durch tierische Fette verursacht, wie Diabetes - Erkenntnisse darüber werden aber vertuscht.

    Unterhaltsam nachzulesen in Karen Duve "Anständig essen", mit weiterführender Literatur.

  • D
    deedaa

    @IJoe... das was Sie beschreiben ist Teil der Verdrängungsreaktion. Es ist natürlich für jeden, der sein Stück Fleisch liebt (und zwar auf dem Teller) immer angenehmer, wenn das Bewusstsein möglichst großflächig ausgeschaltet wird. Und da passt dann natürlich sehr gut ins Bild, dass die bösen Tierschützer die Realität angeblich schmutziger darstellen sollen, als sie sein darf. Das ist aber LEIDER nicht der Fall. Die Realität wäre viel zu brutal, um sie ungeschönt ins TV zu bringen. Aber genau da müsste sie hin. Und zwar jeden Tag. Denn ein jeder, der dem Fleischverzehr nicht abschwören will, MUSS sich mit der Produktion befassen. Und die ist schlimmer, als sich die meisten vorstellen möchten. Aber was will man erwarten...das Schwein futtern und den Hund füttern. So ticken die meisten. Was für eine schlimme Doppelmoral!!!

  • J
    Jack

    Sehr schöner Artikel. Danke!

     

    Ad "IJoe": ich habe selbst bereits viele solcher Videos gefilmt. Im Jetzt. Nicht irgendwann. Und was Du da schreibst ist schlichtweg Unsinn. Ich sehe diese Zustände täglich, rieche & fühle sie, und halte sie fest.

    Wenn irgendwo ab und zu einmal "ältere" Aufnahmen verwendet werden, dann ist das a) eben eine Ausnahme, weil man vielleicht für ein gerade aktuelles Problem/eine aktuelle Diskussion nicht kurzfristig neues Material beschaffen kann bzw. b) irrelevant, weil sich am Status in einem bestimmten Betrieb zuallermeist jahrelang rein gar nichts ändert.

    Wenn Du nicht glaubst, dass die Zustände in der Tierhaltung quasi durch die Bank unfassbar grausam sind, dann besuche ersteinmal ein paar Anlagen- doch hoppla!, das wird Dir nicht so leicht gelingen, denn die Besitzer sind sehr an Geheimhaltung interessiert. Ob Du nun glaubst, dass es sich hier um schützenswerte "Betriebsgeheimnisse" handelt, oder man vielleicht doch einfach nicht will, dass der Konsument überalll reinschauen kann, weil er dann einfach nichts mehr davon kauft und einem so das Geschäft mit der Qual entgeht bleibt freilich Deine Entscheidung, aber ein wenig Nachdenken dürfte Dich auf die richtige Fährte locken.

  • IN
    Ihr NameJens Hampe

    es ist schön zu lesen wie sich menschen für tiere einsetzen. ich selbst bin auch ein liebhaber von tieren und habe zwei liebevolle katzen. aber es treibt mir manchmal die tränen in die augen wie radikal tierschützer über die zustände schreiben. diese zustände existieren schon, aber nicht in deutschland und europa. ich arbeite in einem schweineschlachthof, und weis deshalb wie scharf die bestimmungen in europa und deutschland sind, und wie scharf sie verfolgt werden. jeder der die tiere auch nur ansatzweise hart anfasst ist seinen job los und bekommt auch keinen job mit tieren wieder. ich hab schon viele gehen sehen die die tiere nur etwas zu derb angefasst haben beim treiben. wir haben rägelmässige kontrollen von tierschutzamt. und wenn die zustände wirklich so wären wie sie hier beschrieben sind, wäre der schlachthof schon lange nicht mehr. die selben erfahrungen hab ich auch in holland gemacht, und weis deshalb, daß es in ganz europa so ist, zumindest in den westlichen europäischen ländern.......

  • MP
    moja pfotlieb

    Wir "Tierbeschützer" werden immer mehr...

    u. den Tierquälern soll der A.... bald auf Grundeis gehen..

    dazu zählen auch Bauern u. die (F)lei(s)chesser ebenso !

    Es gibt nur einen Weg.. VEGAN.....

    die Ernährung der kultivierten Menschen:::::::::::::

  • A
    Assisi

    Man sollte das Wort Politiker aus dem Vokabular streichen. Man sollte anstelle dessen, andere Wörter verwenden z.B. Politikaster-, den was die da vollbringen ist keine Kunst. Macht, Geld und Firlefanz sind die Attribute der "Politik" geworden. Warum sollten die da für die arme Kreatur Tier etwas übrig haben. Tierquäler bezahlen schließlich auch Steuern, und was Geld einbringt ist erlaubt.Ein machtloses herumalberndes Theater, dass dem Volk etwas vorgaukelt um der Wiederwahl willen. Tiere sind keine Wähler! Eine Partei der Tierschützer im Bundestag wäre eine Lösung.

  • T
    Tierrechte

    Wer das Leiden der Tiere beenden will, soll aufhören sie zu essen und ihre sonstigen "Produkte" zu konsumieren. Das ist der einzige Weg. Go Vegan!

  • I
    IJoe

    Immer das gleiche: kritiklos werden die Verkündigungen der "Tierschützer" übernommen, ohne mal diese zu hinterfragen. Warum nicht mal darüber schreiben, mit welchen Methoden diese selbsternannten guten Menschen arbeiten: da werden Bilder und Filme gezeigt, die entweder veraltet sind, deren Herkunft man nicht überprüfen kann usw. Und das alles nur, um auf die Mitleidstour Spenden zu sammeln. Es sind genug derartige Fälle dokumentiert, man müßte halt mal seinen eigenen Sumpf verlassen.

    Weiterhin wäre es auch mal angebracht, sich über "Massentierhaltung" zu informieren, und das nicht nur aus dem Pamphleten der fanatischen "Aktivisten".

    Aber das würde die eigene geschlossene Weltsicht erschüttern, das darf nicht sein.

  • FE
    Frau Edith Müller

    Schön, dass die Taz an die Tierquälersauereien erinnert. Ich hatte es schon wieder verdrängt. Ein ganz ernsthaftes Danke dafür!!

  • SB
    Sven Berger

    Danke für diesen Artikel! Die Probleme ist wirklich frappierend. Ich hoffe jedoch, dass die Arbeit der Tierschützer langfristig zum Erfolg führt und die Botschaft die Massen der Verbraucher irgendwann erreicht. Nur so kann der nötige Druck auf die Politik ausgeübt werden.