Kommentar Terrormiliz IS: Unser Nebenkriegsschauplatz
Das Vordringen des „Islamischen Staates“ in Irak und Syrien destabilisiert auch die Nachbarländer: allen voran die Türkei.
D er Bürgerkrieg in Syrien destabilisiert die Nachbarländer. Auch die Türkei droht in den Mahlstrom der Kämpfe dort zu geraten.
Lange hat Ankara – mit Billigung des Westens – ein Auge zugedrückt, während Waffen und Kämpfer über die Grenzen nach Syrien gesickert sind. Denn als erklärter Hauptfeind des Westens und der Türkei galt bis vor einem Jahr noch der syrische Diktator Assad. Nun, wo Assad angesichts der Gräueltaten der IS-Milizen für den Westen zum kleineren Übel herabgesunken ist, folgt auch Ankara diesem Kurswechsel.
Dieser Schwenk aber könnte das Land zerreißen, der Funke des syrischen Bürgerkriegs auf die Türkei überspringen. Gefahr droht von türkischen Sympathisanten des „Islamischen Staats“, die sich gegen die Türkei wenden könnten. Aber auch von der PKK, die Ankara misstraut und im Kampf gegen die IS-Milizen eine Führungsrolle beansprucht.
Mit ihrem neuen Selbstbewusstsein hat die PKK jetzt den Friedensprozess mit der Türkei aufgekündigt. Erstmals hat ihr bewaffneter Arm dort am Freitag wieder einen Anschlag verübt. Das zeigt, wie verantwortungslos das Gequatsche mancher Politiker und Journalisten hierzulande war, die die PKK schon großzügig zum offiziellen Partner im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ aufwerten wollten, ohne sich zu fragen, welche Folgen das für die Türkei haben würde.
Wenn Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernehmen möchte, dann muss es mehr tun, als nur Waffenexporte und Bombardements in Weltgegenden zu unterstützen, von denen es offenkundig nicht viel versteht. Es muss auf die PKK und die Türkei einwirken, an ihrem Friedensprozess festzuhalten. Und es muss helfen, eine Strategie für Syrien zu finden, die beide zufriedenstellt – die Kurden und die Türkei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt