Kommentar Syrien: Verantwortung für Syrien
Mit dem Massaker von Hula ist der letzte Zeitpunkt gekommen, sowohl einen Bürgerkrieg wie auch eine Kriegsintervention zu verhindern. Als einzige Alternative bleibt ein Blauhelmeinsatz.
M it dem Massaker von Hula sind der Annan-Friedensplan für Syrien und seine Umsetzung durch 300 unbewaffnete UN-Beobachter endgültig gescheitert. Das gilt unabhängig von der endgültigen Klärung der Schuldfrage.
Waren die syrischen Regierungsstreitkräfte verantwortlich, wie der UN-Sicherheitsrat unter Verweis auf den Einsatz schwerer Waffen gegen zivile Wohngebiete einstimmig festgestellt hat, wäre das der letzte Beweis, dass das Assad-Regime den Friedensplan nicht einzuhalten gedenkt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann allerdings seriöserweise nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die endgültige Untersuchung durch die UN-Beobachter vor Ort in Hula noch ein anderes Bild ergibt: dass nämlich die bewaffneten Oppositionskräfte entgegen der Mitteilung von Annan und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon an den Sicherheitsrat doch über Mörser und Panzerfäuste verfügen und dass sie diese Waffen – wie vom Assad-Regime behauptet – gegen Zivilisten in Hula eingesetzt haben.
Egal was die Klärung der Schuldfrage ergibt: Mit dem Massaker ist der endgültig letzte Zeitpunkt gekommen, die beiden Szenarien noch zu verhindern, die für die Menschen die schlimmsten wären. Zum einen: einen landesweiten, langwierigen Bürgerkrieg mit vielleicht Hunderttausenden Todesopfern und die blutige Eskalation der Konflikte zwischen verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen. Zum anderen eine Kriegsintervention der Nato wie in Libyen, die dort zwar zum Sturz des Regimes führte, aber auch mit dem Tod von mindestens 50.000 Menschen einherging.
ist taz-Korrespondent bei den Vereinten Nationen in Genf.
Als einzige Alternative zu diesen Schreckensszenarien bleibt nach dem Scheitern des im April beschlossenen Annan-Plans nur noch ein gemeinsam von allen fünf Vetomächten des UN-Sicherheitsrats getragener und mit eigenen Truppen umgesetzter Blauhelmeinsatz in Syrien.
Dessen erklärtes Ziel muss es sein, die Kampfhandlungen zu unterbinden, die humanitäre Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und die Voraussetzungen für freie Wahlen zu schaffen. Freie Wahlen, die mit großer Wahrscheinlichkeit zur Ablösung des Assad-Regimes führen würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml