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Kommentar Syrien-GesprächeFortschritt nur bei Einigung

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Mehr Diplomatie im Syrien-Konflikt? Dafür ist eine gemeinsame russisch-amerikanische Position zur Zukunft von Präsident Assad unerlässlich.

Trumps Wende in der Syrien-Politik stößt in den USA nicht nur auf Zustimmung Foto: dpa

N ach dem US-Militärschlag wird in den europäischen Hauptstädten gefordert, dass im Syrien-Konflikt jetzt wieder die Diplomatie Vorrang haben müsse: durch die Wiederaufnahme der Genfer UNO-Vermittlungsgespräche zwischen der syrischen Regierung und der Opposition.

Diese bislang ergebnislosen Gespräche hätten allerdings nur dann eine Chance auf Erfolg, wenn die Trump-­Administration zuvor eine widerspruchsfreie Syrien-Politik entwickelt und sich dann mit der Regierung Putin auf eine gemeinsame Linie in zwei zentralen Fragen einigt: auf die eindeutige Unterscheidung zwischen Oppositionsgruppen, die an Gesprächen über die Zukunft Syriens beteiligt werden. Und solchen Milizen mit engen Verbindungen zu Terrororganisationen wie al-Qaida, die weiterhin bekämpft werden müssen.

Sehr förderlich für eine solche Einigung wäre, wenn die USA, wie von Trump im Präsidentschaftswahlkampf angekündigt, jegliche Unterstützung für dschihadistische Milizen einstellen und die Verbündeten Saudi-Arabien und Türkei ebenso dazu veranlassen würden. Nur dann gäbe es auch eine realistische Aussicht, dass Russland die weitere militärische Unterstützung für das Assad-Regime einstellt und den schiitischen Iran ebenfalls zu diesem Schritt bewegt.

Unerlässlich wäre zum Zweiten eine gemeinsame russisch-amerikanische Position zur Zukunft von Präsident Assad. Sonst bleibt es bei der Totalblockade der Genfer Verhandlungen durch die bisherigen Maximalpositionen der Opposition, die den Rückzug Assads vor Amtsantritt einer Übergangsregierung fordert, und der Regierung, die grundsätzlich jegliches Gespräch über die Zukunft Assads verweigert.

Ein möglicher Kompromiss wurde bereits im vergangenen Jahr von den Außenministern Kerry und Lawrow informell erörtert: Assad bleibt während einer Übergangsregierung noch nominell, aber ohne exekutive Befugnisse im Amt – bis zu den dann von der UNO zu organisierenden freien Wahlen, bei denen im Ausland befindliche syrische Flüchtlinge teilnehmen können.

Zu klären bliebe, ob Assad noch einmal als Kandidat antreten darf. Alle, die eine Zukunft Syriens unter Assad nicht mehr für möglich halten, sollten die Zuversicht haben, dass eine Mehrheit Assad bei freien Wahlen eine klare Niederlage bereiten würde.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Was ist den das für eine Haltung, überhaupt in Aussicht stellen zu können, dass Assad jemals wieder gewählt werden könne? Die Verbrechen des syrischen Regimes haben ein Maß an Strafwürdigkeit und gehen direkt auf Assad und sein Umfeld zurück. Assad gehört vor Gericht gestellt und nicht zur Wahl.

  • Es gibt nur gemeinsame Positionen Trumps und Putins gegen die anti-Assad-Opposition.

    Die einen wollen das Regime endlich stürzen, die anderen, v.a. die internationale Politikerriege will dies um jeden Preis verhindern.

  • Es geht nicht nur um die Person Assad, er steht stellvertretend für den Teil der syrischen Gesellschaft, der von der Diktatur profitiert (Armee, Sicherheitsdienste, Bürokratie) und denjenigen, die Angst haben, dass Syrien dem 'Beispiel' Libyens oder Iraks folgt - Staatszerfall, Fundamentalismus, Bürgerkrieg. Bisher fehlt jeglicher Vorschlag für eine Neustrukturierung Syriens nach einem Abgang Assads. Kein Wunder, denn daran haben viele der Beteiligten innerhalb und außerhalb Syriens kein Interesse.

  • Berlin fordert Ablösung Assads

     

    »Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Bundesregierung seien angesichts der Verbrechen Assads gegen die eigene Bevölkerung überzeugt, dass "eine friedliche und Stabilität bringende Lösung des Konflikts in Syrien mit Assad an der Spitze auf Dauer nicht vorstellbar ist", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Er fügte aber hinzu: "Es wäre unrealistisch zu erwarten oder zu erhoffen, dass seine Präsidentschaft morgen endet."

     

    Die Bundesregierung wolle alles tun, damit ein Prozess des politischen Übergangs in Syrien eingeleitet werde, versicherte Seibert. Assad könne dabei mittelfristig "nicht an der Spitze des Staates bleiben". Diese Haltung verträten Merkel und die Bundesregierung seit langem.

     

    US-Außenminister Rex Tillerson hatte am Wochenende erklärt, der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat habe weiterhin Vorrang. Am Ende werde das syrische Volk über das Schicksal Assads entscheiden. Die US-Botschafterin bei den UN, Nikki Haley, nannte indes die Entfernung Assads aus dem Amt eine von mehreren Prioritäten. Die USA sähen keine politische Lösung für Syrien mit ihm.«

     

    Vgl.: german.china.org.cn am 11.04.2017: Berlin pocht auf Ablösung Assads - "Rasches Ende unrealistisch" http://german.china.org.cn/txt/2017-04/11/content_40599245.htm

     

    USA offen für weitere Aktionen in Syrien:

     

    US-Präsident Donald Trump sagte vor dem Kongress, dass seine Entscheidung Syrien anzugreifen im Interesse der Vereinigten Staaten gewesen sei und, dass künftige Aktionen in Betracht gezogen werden könnten.

     

    „Ich habe im Interesse der notwendigen nationalen Sicherheit und der Außenpolitik der Vereinigten Staaten gehandelt“, schrieb Trump in einem offenen Brief an beide Häuser des Kongresses am Samstag.

     

    Die russische Regierung verurteilte den Raketenangriff der USA auf eine syrische Luftwaffenbasis und Washingtons Handlung als „Aggression gegen einen souveränen Staat und als Verstoß gegen internationales Recht“.