Kommentar Synagogen-Schändung: Belastete Beziehungen
Nach der Schändung einer Synagoge in Caracas sind unter anderem sieben Polizisten festgenommen worden. Jetzt wird spekuliert, ob das Ganze ein Coup gegen Chávez war.
D ie Beziehungen der jüdischen Gemeinde in Venezuela zur Regierung von Staatspräsident Hugo Chávez sind seit Jahren belastet. Viele Juden im Land sind besorgt, der Ölstaat könnte seine Kritik an Israel weiter steigern und seine freundschaftlichen Beziehungen mit dem Mullahregime im Iran weiter vertiefen. Dies, so ihre Befürchtung, fördere den ohnehin latenten Antisemitismus im Land.
Chávez selbst hat sich wiederholt gegen jegliche Diskriminierung ausgesprochen. "Mich nannten sie einen Affen, einen Indio, einen schwarz-braunen Mischling und was weiß ich nicht noch alles. Ich kenne den Schmerz der Diskriminierung aus erster Hand, und alle Gruppen, die Opfer davon sind, können auf meine sofortige Hilfe zählen", sagte er im August 2008 vor Vertretern der jüdischen Gemeinde. Dass diese heute nur noch knapp 10.000 Mitglieder zählt, hat allerdings wenig mit Antisemitismus zu tun. Viele Juden haben das südamerikanische Land in den letzten Jahren verlassen, vor allem in Richtung Miami - meist aus wirtschaftlichen Gründen und weil sie den von Chávez propagierten Aufbau des "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" ablehnten.
Fünf der Personen, die jetzt wegen des Überfalls auf eine Synagoge in Caracas festgenommen wurden, gehören der Polizei der Stadt Caracas an. Die wird von einem Bürgermeister regiert, der der politischen Opposition zu Staatspräsident Hugo Chávez angehört. Deshalb schießen jetzt die Spekulationen ins Kraut, hinter der ganzen Angelegenheit steckten Teile der Opposition, die das internationale Ansehen von Hugo Chávez weiter ramponieren möchten. Der Überfall auf die Synagoge hatte weltweite Beachtung gefunden.
Der antisemitische Vandalismus könnte sich jedoch als Vertuschungstat erweisen. Demnach soll einer der beschuldigten Polizisten den Einbruch geplant haben, nach dem er versucht hatte, von einem Rabbiner der Synagoge ein Darlehen zu erhalten. Dieser hatte jedoch abgelehnt. Offenbar gingen die Beteiligten davon aus, in dem Gebäude würde ein erheblicher Geldbetrag aufbewahrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!