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Kommentar SuchmaschinenNiemand wird vergessen

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

EuGH-Generalanwalt Niilo Jääskinen ist gegen ein „Recht auf Vergessenwerden“ und entlastet damit Google. Wenn ihm der Europäische Gerichtshof (EuGH) folgt.

N iilo Jääskinen ist ein belesener Mann. Er kennt nicht nur Shakespeare, sondern auch Thomas Bowdler, der im 19. Jahrhundert eine entschärfte, weniger anstößige Version von Shakespeares Werken herausgegeben hat. Was Jääskinen nun verhindern will, ist eine Bowdler-Version des Internets, also ein entschärftes Internet.

Der Generalanwalt musste mit seinem am Dienstag veröffentlichten Gutachten („Schlussantrag“) eine EuGH-Entscheidung von großer Tragweite vorbereiten. Es geht um die Frage, ob Einzelpersonen von Google verlangen können, alte Informationen, die sie in schlechtes Licht rücken, nicht mehr zu verlinken.

Im konkreten Fall ging es um die Zwangsversteigerung eines Hauses in Spanien vor 15 Jahren. Der Betroffene hält sie heute für irrelevant und rufschädigend. Zurecht hält Jääskinen das europäische Recht für anwendbar, auch wenn Googles Suchmaschinen in Kalifornien stehen.

Bild: taz
Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Google verdient sein Geld mit dem Verkauf von Werbung, die auf die jeweiligen Märkte – also auch den spanischen – zugeschnitten ist. Deshalb ist es gerechtfertigt, den Dienst am EU-Datenschutzrecht zu messen. Nicht überzeugend ist es, wenn Jääskinen Ansprüche gegen Google schon deshalb verneint, weil die Suchmaschine nicht für die Daten verantwortlich sei – das seien nur die Inhaber der verlinkten Webseiten.

Allerdings verarbeitet Google die Daten durchaus selbst, indem Google-Suchspinnen die Seiten auffinden, Google den Inhalt auf eigene Server kopiert und ihn später dann in kleinen Auschnitten (Snippets) unter den Suchtreffern anzeigt. Auch bei der Bewertung der Webseiten verarbeitet Google Daten und entscheidet so, ob eine Seite in den Suchergebnissen vorn oder hinten steht.

Google ist also nicht nur ein Transporteur von Daten, an den keine Ansprüche gestellt werden könnten. Dass Jääskinen mit seiner Ansicht beim EuGH nicht durchkommt, weiß er wohl selbst. Deshalb hat er „hilfsweise“ auch noch geprüft, ob Google ein „Recht auf Vergessenwerden“ beachten muss. Zurecht stellt Jääskinen fest, dass die aktuelle EU-Datenschutzrichtlinie von 1995 kein derartiges Recht kennt.

Das ist schon daran zu sehen, dass die EU-Kommission für die geplante neue EU-Datenschutz-Verordnung, über die derzeit verhandelt wird, ein solches „Recht auf Vergessenwerden“ einführen will und als große Innovation präsentierte. Zum Schluss prüft Jääskinen, ob die EU-Grundrechte dazu zwingen, ein „Recht auf Vergessenwerden“ anzunehmen oder einzuführen. Auch das verneint er richtigerweise.

Die Informationsfreiheit und die Meinungs- und Pressefreiheit sind für demokratische Gesellschaften so wichtig, dass es Privaten – zumindest in der Regel – nicht erlaubt werden muss, den Zugang der Öffentlichkeit zu persönlich unangenehmen Informationen zu verhindern. Denn das würde in der Tat zu einem Internet führen, in dem sich jeder der Welt so präsentieren könnte, wie es ihm persönlich gefällt.

Dies könnte zwar das Wohlgefühl vieler Menschen verbessern, aber das Internet als Ort kritischer Informationsmöglichkeit wäre stark entwertet. Es ist also zu hoffen und eher wahrscheinlich, dass der EuGH in einigen Wochen für ein freies Internet und gegen eine entschärfte Bowdler-Version entscheiden wird.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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2 Kommentare

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  • GD
    Glaubsch du

    Die Bestimmung über die eigenen privaten Daten ist ein Menschenrecht. Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen. Aber weil dieses Menschenrecht von den "Freunden" weiterhin mit Füßen getreten wird, woanders mit Bomben, werden uns die Experten tagelang mit Beschönigungen vollsülzen. Mein Sohn, jetzt 6 wird dann mal gegen die Einpflanzung eines Chips opponieren. Auch das wird schöngeredet werden: "zu deiner Sicherheit. Google hat das Recht deine Gehirnwindungen weiter zu verwenden. Weißt, ein Algorithmus, der die Daten auf Servern speichert, dann splittet und ausspuckt. Also, war Google daran beteiligt und ist berechtigt... Nichts darf vergessen werden, nichts, außer das, was vergessen werden soll, weißt du. Das ist eine Argumentation, die das Opponieren gegen Google in Frage stellt, weißt du! Aber wir schauen mal was in den Institutionen rausspringt. Vielleicht kannst du den Chip nach dem Tod löschen, immerhin etwas". O, ich vergaß, Google hats gesplittet. Aber Leute glaubt mir: nichts ist umsonst, außer der Tod und das bleibt so!!! Ach, Google, splitten, ok, also der physische Tod bleibt...

  • F
    Findemaschine

    Interessant wie unterschiedlich Google die Inhalte behandelt.

    Über Kohl in bezug Treuhand/Reptilienfonds, Max Strauß Autobahn Durres-Kukes sind kaum noch Informationen erhältlich, auch die Inhalte der Club Barbarina involvierten Ulla Schmidt(Skandal Dieter Schinzel) ebenso wenig, während Informationen über normale Personen ergebnissoffen sind.

    Die politischen Parteien sind ultra aktiv in ihrer medialen Darstellung, köstlich wie sie in Wiki herum editieren.

    Es scheint das Google einen First Class Königsweg zur nicht Nennung/Löschung von Sucheergebnissen(Blacklist), nicht Daten, ermöglicht.

    Mehrfach bundesweit probiert und verifiziert, googles Suchergebnisse sind ebenso vom Provider abhängig.

    Alice(Berlusconi) ist zensiert, T-Online bisher nicht. Eine inoffizielle Bestätigung gab es ebenso.

    "Google verdient sein Geld mit dem Verkauf von Werbung," Google verdient mit der wirtschaftlich assoziierten Veränderung der Suchbegriffe Geld.

    Ebay steht in nichts nach, scheinbar arbeiten die beiden sehr eng zusammen. Richtig nervig geworden, man findet das, was nicht gesucht wurde obwohl die Begriffe vorhanden sind.

    Der Behauptung Google sei eine echte Suchmaschine ist verkehrt. Ein NSA/militärischer Zusammenhang ist über Algorithmen ebenso gegeben.

     

    Beamte der EU und Datenschutz stehen diametral zueinander. Das wird nix.