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Kommentar Studie Frauen und KarriereSprich mit mir über deinen Job, Baby

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die Emanzipation schreitet voran und die Männer machen endlich mit. Aber auch die Gesellschaft muss begreifen, dass das Entweder-oder-Prinzip out ist.

Das traditionelle Alleinernährermodell ist anstrengend, ungesund und macht schlechte Laune. Bild: dpa

G emeinsam haben Männer und Frauen das Überfällige geschafft: Birgit Kelle und ihre Hymne auf das Mutterdasein sind Schnee von gestern. Fast alle junge Frauen wollen arbeiten – auch wenn sie Kinder haben.

Das zeigt eine aktuelle Langzeitstudie des Wissenschaftszentrums Berlin und widerlegt damit nicht nur das Gedöns der Übermutter Kelle, Frauen sollten doch ihre Hausfrauenrolle nach Herzenslust ausleben. Nein, laut Studie lehnen ein solches Leben heute auch viele Männer ab. Sie wollen mit ihrer Frau über den Job reden, nicht über Kartoffelgratin.

Die Emanzipation schreitet also voran – und zwar als gemeinsamer Akt, mit den Männern an Bord. Ein Wunder? Nein, denn das traditionelle Alleinernährermodell ist anstrengend, ungesund und macht schlechte Laune. Nur war den Männern die Macht in der Familie lange Zeit noch wichtiger als Gerechtigkeit. Ihr Umdenken ist der echte Paradigmenwechsel.

Diesem Schritt nach vorn müssen jetzt aber die Gesellschaft und ihre Strukturen folgen. Noch bremsen sie weiter: An arbeitenden Müttern ziehen auf der Karriereleiter nicht mehr nur Männer vorbei, sondern auch kinderlose Frauen. Viele Mütter (und manche Väter) bleiben nach der Familienphase auf einer Teilzeitstelle hocken, weil der Weg zurück in den vollen Job versperrt ist.

Das ist keine Chancengleichheit, sondern familienfeindlich und unproduktiv. Wie überhaupt das Entweder-oder-Prinzip: Wenig arbeiten oder viel arbeiten. Die seit Jahren geforderte große Teilzeit ist hierzulande Makulatur. Dabei sehnen sich nicht nur Mütter nach der 32-Stunden-Woche. Sondern auch viele Frauen ohne Kind und Mann.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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13 Kommentare

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  • B
    bastapolitik

    "Eine Frau wird auch weiter - genau wie ein Mann - die Entscheidung treffen müssen, ob sie sich voll in die Karriere schmeißt oder die klassische Rolle als Mutter mit klarer Priorität auf dem Nachwuchs wahrnimmt"

    Na ja, vielen Familien wird durch die faktische Abschaffung des Ernährerlohns diese Entscheidung abgenommen.

    Die Entscheidung ist wohl eher kann ich mir unter diesen politischen Rahmenbedingungen Kinder überhaupt leisten oder will ich unter diesen Bedingungen überhaupt noch ein weiteres Kind. (Malthus lässt grüßen)

    Natalie erwähnt ja die erhöhte Scheidungsrate unter Doppelverdiener.

    Was heißt es aber für Paare wenn Scheidung droht ?

    Da heute das Zuverdienermodell sich etabliert und Rentenanwartschafften geteilt werden, zunehmende Altersarmut von Eltern. Gesellschaftlicher Sprengstoff - arme Rentnereltern gegen priveligierte Rentnerkinderlose.

    Das ganze Doppelverdienermodell harkt aber keiner gibt es zu.

    Frauen und Männer gehen heute mit einer Familiengründung hohe Lebensrisiken ein.

    Ehe und Familie stehen unter Schutz war gestern.

  • @viccy

    Nein, als Abraten vom Kinderkriegen sollten Sie es nicht verstehen. Ich wollte nur deutlich machen, dass Schmollacks Forderung, die Wahl zwischen Kinderkriegen und Karriere endlich abzuschaffen, es sich zu einfach macht.

     

    Eine Frau wird auch weiter - genau wie ein Mann - die Entscheidung treffen müssen, ob sie sich voll in die Karriere schmeißt oder die klassische Rolle als Mutter mit klarer Priorität auf dem Nachwuchs wahrnimmt - und ihre Karrierechancen damit entsprechend reduziert. Männer entscheiden sich in aller Regel für die Karriere - und zwar zumindest zum Teil, weil ihre Frauen das von ihnen erwarten. Sollten Frauen das zukünftig vermehrt auch tun wollen, müssten sie sich auch schon bei der Partnerwahl von altgedienten Idealen und im Familienleben von der Rolle der primären Bezugsperson ihrer Kinder trennen können. Dann funktioniert's mit der Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt.

     

    Aber dieser Preis ist wahrscheinlich für zu viele Frauen zu hoch, also will Frau Schmollack ihn wegdefinieren und die Gleichstellung durch utopische Forderungen an die Arbeitswelt erzwingen. Dass das ein Holzweg ist, wollte ich möglichst kurz darstellen.

    • @Normalo:

      Okay, alles klar.

       

      Es ist ja auch nach wie vor so, dass Frauen eher "nach oben heiraten" und die Männer eher "nach unten".

       

      Mein Gott, warum auch nicht.

       

      Entscheidend ist doch letztlich, dass man glücklich lebt und sinnstiftende Erlebnisse teilt, jenseits aller politisch korrekten und gequotelten Reglementierungen.

  • Das Schlaraffenland-Basteln geht weiter. Ja genau, lasst uns doch Alle einfach genau so viel arbeiten, wie wir Lust haben. Dann haben wir schön Zeit für die Kinder, die "Reichen" haben weniger Ausbeutergewinne, und dieser lästige Druck des Lebensunterhaltverdienenmüssens ist endlich weg. Brathähnchen wachsen ja glücklicherweise auf den Bäumen...

     

    Sehr geehrte Frau Schmollack,

    auch wenn sie sich in bester Kanzlerinnengesellschaft befinden, wenn Sie Entscheidungen lieber für "out" erklären, als sie treffen zu müssen, hat der Tag nun einmal genau 24 Stunden, und die Wirtschaft produziert Wohlstand durch geleistete Arbeit und nicht durch willkürliche Ansprüche. Irgendwer muss diese Arbeit tun, und irgendwer muss - mit denselben 24 Stunden am Tag - auf den lieben Nachwuchs aufpassen. Beides zusammen geht, hat aber zwangsläufig einen geringeren Output an kurzfristig verwertbarer Arbeitsleistung als die reine Konzentration auf die Arbeit.

     

    Das sind physikalisch begründete Fakten, keine politischen Thesen gegen Ihre Forderungen. Dass letztere mit diesen Fakten nicht vereinbar sind, braucht Sie also nicht zu stören... ;-)

    • @Normalo:

      Also lieber keine Kinder kriegen und dafür in der Arbeitswelt voll ranklotzen für die Brathähnchen? Oder wie darf man Ihren Beitrag verstehen?

  • G
    gast

    Dieser Satz: "Sie wollen mit ihrer Frau über den Job reden, nicht über Kartoffelgratin. "

    drückt eine unglaubliche Missachtung gegenüber Familienarbeit aus. Haben Sie eine Ahnung, über wieviel man da reden kann? wieviel Verantwortung man hat und wieviel man in so einer Zeit tun kann?? für die Kinder und auch für sich und die Gesellschaft.

    Klar wollen die meisten Frauen wieder arbeiten. wir müssen ja auch wenn wir nicht dauerhaft abhängig werden wollen. Außerdem funktioniert das Einverdienermodell in den meisten Fällen zumindest auf klängere Zeit finanziell schlichtweg nicht mehr.

    Ich möchte auch (unabhängig von diesen Zwängen) arbeiten - aber ich kann auch verstehen dass das nicht für alle Frauen/Familien Sinn macht und nicht alle das machen möchten/können

    • @gast:

      Genau! Als könnten Hausfrauen oder Hausmünner nicht auch Bücher über Philosophie, Soziologie, Geschichte, Religion oder was auch immer lesen (oder hören) und damit dem vollberuflich routiniert arbeitenden Pendant in puncto geistiger Wellness noch um einiges voraus sein!

       

      Für Frau Schmollack scheint es da aber nur "entweder - oder" zu geben. Entweder Job, oder geistig degeneriert. Unfreiwillig komisch, dass sie dies selbst als "out" bezeichnet.

  • A
    autsch

    Sprich mit mir über deinen Job, Baby.

     

    Jetzt erst verstehe ich was Emanzipation für Frau Schmollack bedeutet und zwar : mach als Frau alles was den Männern gefällt - möglichst ökonomisch konform.

    Wie wärs mit einem einer Empfehlung für Strapse und Oralsex ? Ist bei Karrierensprüngen manchmal auch hilfreich.

     

    Birgit Kelle nieder zu machen und gleichzeitig aber auch gar keine Lösung zu bieten die Mütter aus ihrer Doppelbelastung oder/und oder aus dem Konflikt für das Baby/Kleinkind Dasein zu wollen heraus helfen , aber finanziell es sich heute einfach nicht mehr leisten können (Dank der rot/günen Harzgesetzen) ist mehr als billig.

     

    Ihr überlast den katholischen Ultras das Feld für Familienzeit zu streiten und gebärdet euch selbst als Ultras des protestantischen Arbeitsethos, der wunderbar zum neoliberalen Zeitgeist passt.

     

    Nein diese Feminismusscheiße, diesen kapitalistisch,neoliberalen Feminismus der Besserverdienenden, der Kinderlosen und Kinderarmen will ich nicht.

    Diesen Feminismus der Arme ausgrenzt (Bidungskatastrophe- Harz4empfängerin betreut ihr Baby selbst) und demütigt will ich nicht.

    Diesen Feminismus der Mütter mit Heimchen am Herd beleiigt will ich nicht.

    Diesen Feminismus der nicht mehr bemüht ist die Vaterrolle zu stärke und Väter ermöglicht diese Verantwortung anzunehmen will ich nicht.

    Ein Feminismus der Großfamilien abschafft will ich nicht.

    Ein Femininismus der für Frauenrechte Krieg führt will nich nicht.

    Ein Feminismus der 24stunden Kitas errichtet will ich nicht.

    Ein Feminismus der Betreuungsgeld als Herdprämie verunglimpft will ich nicht.

    www.feministisches-institut.de/ernaehrermodelle

  • N
    Natalie

    Wow, Gehirnwäsche vom Feinsten, Frau Schmollak. Haben Sie Kinder? "Fast alle junge Frauen wollen arbeiten – auch wenn sie Kinder haben." Das ist ja der größte Unfug, den ich jemals gelesen habe. Fast alle Mütter von Kleinkindern (das sind Kinder unter 3 Jahren) "müssen" heutzutage arbeiten gehen, weil sie es sich sonst nicht leisten können ihr Leben zu finanzieren. Zeigen Sie mir bitte mal einen Mann, der es besser findet, dass seine Frau ihr Kleinkind morgens in die KiTa bringt, als es daheim selbst zu betreuen. Unter so etwas leiden letztendlich alle. Folge: Scheidungsraten steigen. Deutschland schafft sich ab.

    • @Natalie:

      Naja, wenn "er" ordentlich verdient und man die materiellen Ansprüche etwas runterfährt, ist es doch realisierbar, dass "sie" ein Jahr (z.B.) zu Hause bleibt und den neuen Erdenbürger mit viel Mutterliebe willkommen heißt.

       

      Das würde "nur" voraussetzen, dass Frau für eine Weile auf Autonomie verzichtet. Aber irgendwie sehe ich nicht, wo in einer Partnerschaft, einer Liebesbeziehung diesbezüglich das unlösbare Problem liegen muss.

  • "[Die Männer] wollen mit ihrer Frau über den Job reden, nicht über Kartoffelgratin."

     

    Tipp: Man kann auch GEMEINSAM kuturelle Erlebnisse teilen und sich darüber unterhalten. Das wird potentiell viel ergiebiger verlaufen, weil ein beidseitig unmittelbarer (!) Eindruck vorhanden ist.

     

    Im Übrigen: Soll das Kind nach ein paar Wochen in die KiTa zu fremden Menschen oder nicht - das ist doch die Kernfrage, um die dieser Artikel euphorisch herumschleicht.

  • MC
    Marcos Cramer

    Endlich mal ein Artikel, der erwähnt, dass Frauen ohne Kinder eindeutig bessere Karrierechancen haben als Frauen mit Kindern (und auch bessere als Männer, die eine längere Kinderpause machen). Daher halte ich eine Quote für Menschen, die Erziehungsarbeit geleistet haben, auch eindeutig für sinnvoller als eine Frauenquote (auch wenn sie sicher etwas komplizierter umzusetzen wäre).