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Kommentar Stresstest Stuttgart 21Nicht die letzte Hürde

Nadine Michel
Kommentar von Nadine Michel

Alle hatten sich nur noch auf den Stresstest konzentriert. Dabei gibt es genug andere Kritikpunkte am Bahnhofsprojekt Stuttgart 21.

D as Bahnprojekt Stuttgart 21 hat den Stresstest bestanden. Schön, und nun? Die Befürworter werden jetzt fordern, dass endlich alle Kritiker still sein sollen. Ebenso könnten die Gegner den Stresstest weiter zerreden, die Prämissen anzweifeln und sich beleidigt zeigen, weil sie nicht ausreichend beteiligt wurden. Beides wäre falsch. Vielmehr sollten sich alle noch einmal den Schlichterspruch von Heiner Geißler ansehen.

Seit dem Schlichtungsende haben sich alle zu sehr auf den Stresstest und die 30-prozentige Leistungssteigerung gegenüber dem bestehenden Bahnhof konzentriert - die Bahn, die Bürgerbewegung, die Medien und auch die Grünen. Aber es gibt noch ganz andere strittige Punkte, die der Schlichterspruch zu Recht aufgenommen hatte.

Was ist etwa mit der Gefährdung der Mineralquellen? Für manch einen Bahnhofsfan mag sich das unwichtig anhören. Doch war der Punkt immerhin so wichtig, dass er für Stuttgarts CDU-Oberbürgermeister Wolfgang Schuster einst das Ausschlusskriterium war. Inzwischen steht fest, dass die Bahn doppelt so viel Grundwasser abpumpen lassen muss wie beantragt. Die Vorbereitungen dafür laufen unverändert weiter.

NADINE MICHEL

ist Korrespondentin der taz in Baden-Württemberg.

Darüber hinaus gibt es genügend Zweifel an den Kostenrechnungen der Bahn, die der DB-Vorstand Volker Kefer immer wieder gerne mit simplen Dreisätzen versucht zu belegen. Auch wurden Hinweise bekannt, dass selbst Schwarz-Gelb Zweifel an den Zahlen hatte. Als Sollbruchstelle wurden stets 4,5 Milliarden Euro genannt. Seit Grün-Rot regiert, steht fest, dass das Land nicht bereit sein wird, auch nur einen Cent mehr zu zahlen. Gleiches gilt für die Stadt Stuttgart.

Der Stresstest war unbestritten eine wichtige Hürde, die das Milliardenprojekt genommen hat. Doch es war nicht die einzige. Und es wird auch nicht die entscheidende sein.

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Nadine Michel
Inlandskorrespondentin
Jahrgang 1982, ist seit 2010 Korrespondentin in Stuttgart. Von dort berichtet sie über die Landespolitik sowie wichtige Wirtschafts- und Gesellschaftsthemen – und natürlich immer wieder über das Dauerthema Stuttgart 21. Zuvor arbeitete sie als Klima- und Energieredakteurin im taz-Ressort Wirtschaft & Umwelt. Ausgebildet wurde sie an der Berliner Journalisten-Schule.
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9 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    @ rheinelbe

     

    Gemach, noch ist es nicht soweit. Stuttgart liegt am Neckar, nix Rheinelbe.

  • C
    cleverle

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Warum haben sich die "Grünen" auf diese "Regierungs-

    bildung" eingelassen? Nur um an den "Fresstrog" zu kommen, trotz der voraussichtlichen Schwierigkeiten. Oder worin besteht der Unterschied von Herrn Kretschmann zu seinem Vorgänger? Wenn die Grünen "Stuttgart 21" nicht verhindern, dann werden sie bundesweit als "Heuchler" enden. Ich kann nur vor den Parteien mit dem "C" warnen. Das sind meiner Meinung nach die reinsten "Wölfe" im Schafspelz. Die wollten nie eine Wiedervereinigung und haben sie ja auch verhindert. Denn es stellt sich doch jetzt heraus, dass wir weiterhin, trotz EU, besetztes Land sind. Herr Gabriel hat den Mut gehabt, einmal die Wahrheit im Bundestag zu formulieren. Aber diese "GmbH" ernährt ihre "Diener" köstlich, warum sollten diese was ändern. Und das "dumme" Volk geht noch wählen, trotz sog. HarzIV usw.

  • H
    Harun

    Der BRD-Kaputtalismus hat in Stuttgart dank Chamäleon Geißlers und der Grünen Bubenstück einen weiteren Streßtest bestanden:

    Allerdings werden die emanzipatorischen Antikapitalisten in der BRD anläßlich der perfiden Machenschaften der kapitalistischen "Machtelite" zur Durchsetzung des abscheulichen Pyramidenprojekts Stuttgart 21 daraus lernen:

    Sie werden sich dabei von den emanzipatorischen ägyptischen Massen auf dem Tahrir-Platz in Zukunft leiten lassen:

    Mit Pharaönle diskutiert man nicht, die stellt man, sind sie besiegt, unerbittlich vor Gericht!

  • B
    bahnfreund

    1. Wer zahlt schafft an. 2. Man lenkt einen Dialog oder „Dialog“ nicht erfolgreich mit Aussagen, sondern mit Fragen.

    Nimmt man beides zusammen, erzielt man in einer Untersuchung das Wunschergebnis.

    So gesehen sind nicht einmal die so häufig bemühten, wenig beliebten aber bestens entlohnten Mietmäuler notwendig.

    So simpel kann die Welt sein…wenn Andere sich das gefallen lassen!

  • W
    Waage

    nochnen Gedicht!

     

    -passt mit etwas Fantasie auf alles mögliche-

     

     

    Ermüdung (Eugen Roth 1895-1976)

    Ein Mensch erfährt es mit Empörung:

    Der schönsten Landschaft droht Zerstörung!

    Ein Unmensch baut, und zwar schon bald,

    Ein Industriewerk nah am Wald.

    Der Mensch hat Glück und ihm gelingt,

    Daß er die Welt in Harnisch bringt.

    Ja, alles stellt er auf die Beine:

    Behörden, Presse, Funk, Vereine,

    Die scharf in Resolutionen

    Auffordern, die Natur zu schonen.

    Der Unmensch hat das oft erprobt:

    Er wartet, bis man ausgetobt.

    Dann rückt - die Zeit ist ja sein Acker -

    Er an mit Säge und mit Bagger.

    Eh neuer Widerspruch sich regt,

    Hat er den Wald schon umgelegt.

    Inzwischen hat sich längst der Haufen

    All der Empörer müd verlaufen;

    Vergebens stößt in seinem Zorn

    Der Mensch nun abermals ins Horn.

    Der Landrat rät dem Unbequemen,

    Die Sache nicht mehr aufzunehmen;

    Es wollen Presse auch und Funk

    Sich nicht mehr mischen in den Stunk.

    Der Mensch steigt von den Barrikaden:

    Er ist zum Richtfest eingeladen

  • A
    Alex

    Sehr guter Kommentar.

    Ich stelle mir nur langsam die Frage, in welcher Bananenrepublik wir leben, wenn der Bundestag angelogen wird, und dies in Protokollen belegt ist. Und nichts passiert, die Medien erwähnen das nur im Vorübergehen, die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht... (und gleichzeitig Ermittelt das Finanzamt gegen den VCD und BUND, werden Wohnungen von cams21 Reporter durchsucht - alles am heutigen tag) Mich erschüttert so etwas zutiefst in meinem Vertrauen in die Demokratie und macht mir Angst!

  • H
    hunsrückbäuerlein

    grün sind die Lügner, die Lügner sind grün! Das Proj. S21 ist schon lange tot, da durch die Betrügereien der DB dem gesamten Vertragswerk die Geschäftsgrundlage entzogen wurde. Das Land BaWü könnte sich ohne Probleme darauf berufen, dass der Vertrag nichtig ist und damit wäre das Projekt entweder gestorben oder der Bund müßte den Anteil übernehmen. Doch dafür ist die grüne Oberlige viel zu verlogen als dass sie das tun würde. Grün sidn die Lügner, die Lügner sind grün - Ökofaschisten halt.

  • D
    Doe1888

    Die Bahn muss nicht doppelt so viel Grundwasser abpumpen wie zuletzt beantragt. Sie würde das gerne tun, weil sie nicht im Wasser bauen möchte, was aus bautechnischer Sicht auch sinnig ist. Sollte es aber das Projekt gefährden, und das hat die Bahn bereits verlauten lassen, kann sie auch im Wasser bauen.

    Die Diskussion über die Kosten ist im Augenblick eigentlich auch kein Angriffspunkt das Projekt zu Fall zu bringen, die wurden zu Beginn der Schlichtung von 3 unabhängigen Gutachterbüros bereits geprüft, das Ergebnis: die Bahn hat an manchen Stellen optimistisch aber im nachvollziehbaren Rahmen gerechnet. Das erneute Aufkochen von alten Aktennotizen ändert daran auch nichts.

    Wenn es zu Kostensteigerungen kommen sollte, die Möglichkeit kann man natürlich nicht von der Hand weisen, ist fraglich ob der Beschluss der Grün-Roten- Regierung greift, weil es ja schon ältere Beschlüsse und Verpflichtungen gibt. In dem Fall werden sich sicherlich die Gerichte damit befassen müssen.

    S21 ist nicht nur ein Bahnprojekt, aufgrund der topographischen Eigenheit von Stuttgart, der Kessellage, ist es auch die einzige Möglichkeit die Stadt im größeren Stile entwickeln zu können.

  • R
    rheinelbe

    Grüne blamiert

     

    Die Grünen stehen jetzt ohne was da.

    Ihren Versprechungen ist kein Glauben zu schenken. Da ging es in erster Linie um Stimmenfang.

     

    Gut, dass S 21 gebaut wird!

    Der endlose Reigen diverser teurer Gutachten, Stresstests etc. muss gestoppt werden.