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Kommentar Streik in FrankreichDer erste Bruch

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Zeitgleich mit dem Streik gegen Rentenkürzungen gab Sarkozy seine Trennung von seiner Frau bekannt. Das Ablenkungsmanöver misslang. Der Ausstand war erfolgreich. Die Franzosen lassen tiefe Einschnitte ins soziale Netz nicht zu.

D er Bruch: Das war ein zentrales Stichwort in der Präsidentschaftskampagne von Nicolas Sarkozy. Das Wort erinnerte an seinen Amtsvorgänger Jacques Chirac, der 1995 vor dem "sozialen Bruch" gewarnt hatte, der die französische Gesellschaft spaltet. Sarkozy wollte darunter aber noch etwas anderes verstanden wissen: einen "Bruch" mit dem angeblichen "Stillstand" und den "unbezahlbar teuer" gewordenen Traditionen wie dem sozialen Netz, den öffentlichen Diensten und einer Lebensarbeitszeit, die nach Härte der Arbeit variiert.

Fünf Monate nachdem Sarkozy sein Amt angetreten hat, ist nun der erste "Bruch" da. Dieser Bruch betrifft allerdings nur das Privatleben des Staatspräsidenten und seiner bisherigen Gattin, und er war schon seit Monaten absehbar. Es hat etwas Obszönes, dass Sarkozy seine Trennung von seiner Ehefrau just an dem Tag bekannt gibt, an dem er mit den ersten ernsthaften Protesten gegen seine Politik konfrontiert ist. Die Nachricht aus dem Élysée-Palast wirkt daher wie ein Manöver, um der Streikbewegung die Schau zu stehlen.

Dieses Manöver ist ihm nicht gelungen. Dem Streikaufruf im Transportwesen, bei den Energiewerken und in Teilen des Bildungswesens wurde gestern massiv Folge geleistet: Ganz Frankreich stand einen Tag lang still. Es war der größte Streik seit zwölf Jahren und ein überraschender Erfolg. Denn die Medien, deren Mehrheit politischen Freunden von Sarkozy gehört, hatten vorab wochenlang verkündet, der Streik sei "unpopulär".

Dieser Erfolg zeigt, dass die Methode Sarkozy nicht funktioniert. Er möchte tiefe Eingriffe ins soziale Netz dekretieren, ohne vorher auch nur zu verhandeln. Er zeigt auch, dass die Franzosen sich weiterhin mit ihrem sozialen Sicherungssystem identifizieren, das nach Kriegsende aus einem historischen Kompromiss zwischen Gaullisten und Kommunisten erwachsen ist.

Ein solcher Streiktag bringt den Gewerkschaften zwar noch keinen politischen Sieg. Aber er erinnert Sarkozy - und die anderen Regierungen in Europa - daran, dass die Franzosen ihre sozialen Traditionen verteidigen werden.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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1 Kommentar

 / 
  • A
    alster

    Ein kleiner Gerne-Groß mit der Staatsmacht im Rücken will das soziale Netz beschneiden.

    Das ist das, was sie alle können,wenn sie nicht

    mehr weiter wissen. Man sollte mal bedenken, warum

    das soziale Netz unbezahlbar wird - doch nur weil

    das Geld einer Minderheit gehört.